Immer an deiner Seite
In der „Immer an deiner Seite-Entscheidung“ des Bundespatentgerichts (BPatG) hatte das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) seine, auf fehlende Unterscheidungskraft stützende, zurückweisende Entscheidung damit begründet, dass eine Vielzahl von Unternehmen mit „immer an deiner Seite“, nämlich an der Seite des Verbrauchers, werben würden, wobei den potentiellen Kunden vermittelt würde, dass sich das Unternehmen besonders bemühe, dem Kunden hilfreich zur Seite zu stehen. Die angesprochenen Verkehrskreise würden das Anmeldezeichen, ohne dass es einer Ergänzung um weitere Substantive bedürfe, daher nur als reine Werbeaussage, nicht aber als betrieblichen Herkunftshinweis auffassen. Zum Nachweis verwies es auf sechs Internetrecherchen, wobei nur ein einziger aus der Zeit vor dem maßgeblichen Anmeldezeitpunkt stammte. Die sechs Belege bezogen sich zudem nur auf einen winzigen Ausschnitt des äußerst umfangreichen Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses. Eine Recherche nach identischen oder vergleichbaren Werbeslogans unterblieb. Dies reichte dem Gericht zur Begründung nicht aus und wies die Sache an das DPMA zurück. Das Verfahren vor dem DPMA leide an einem wesentlichen Mangel, weil die Entscheidung auf eine ungenügend zwischen den einzelnen Waren und Dienstleistungen differenzierende Begründung gestützt worden sei.
In den Entscheidungsgründen heißt es hierzu wie folgt:
„b) Bei der Prüfung der absoluten Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 MarkenG sind grundsätzlich alle beanspruchten Waren und/oder Dienstleistungen zu würdigen (…), wobei eine globale Begründung ausreicht, soweit dieselben Erwägungen eine Kategorie oder Gruppe der angemeldeten Waren und/oder Dienstleistungen betreffen (…). Das bedeutet aber nur, dass dieselbe für verschiedene Waren und/oder Dienstleistungen maßgebliche Begründung nicht für jede einzelne Position des Waren-/Dienstleistungsverzeichnisses wiederholt werden muss, sondern dass Gruppen von Waren und/oder Dienstleistungen zusammengefasst beurteilt werden können. Gegen diese Begründungspflicht wird daher verstoßen, wenn verschiedene Waren und/oder Dienstleistungen ohne weitere Begründung gleich behandelt oder überhaupt nicht gewürdigt werden.
c) Der Anmelderin ist darin zu folgen, dass die Markenstelle über die Zurückweisung der Anmeldung pauschal und ohne Differenzierung zwischen den einzelnen Waren und Dienstleistungen entschieden hat.
aa) Dies zeigt sich schon daran, dass die Markenstelle in der Begründung des angefochtenen Beschlusses auf keine einzige Ware oder Dienstleistung eingegangen ist, obwohl die Anmelderin schon in ihrer Stellungnahme vom 28. Oktober 2020 auf den Beanstandungsbescheid vom 1. September 2020 ausdrücklich darum gebeten hat, die Beanstandung „für alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen gesondert, und nicht pauschal zu erheben“.
bb) Von den sechs Belegen der Internetrecherche der Markenstelle stammt nur ein einziger aus der Zeit vor dem maßgeblichen Anmeldezeitpunkt, dem 10. Juli 2020. Die sechs Belege beziehen sich zudem nur auf einen winzigen Ausschnitt des äußerst umfangreichen Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses.
cc) Die Markenstelle hat aber auch keine Recherche nach identischen oder vergleichbaren Werbeslogans, z. B. auch unter www.slogans.de, in den unterschiedlichen betroffenen Branchen durchgeführt, obwohl sie nur auf diese Weise hätte belegen können, dass solche Sprüche in der Werbung zum Zwecke der Anpreisung von Waren und Dienstleistungen von Anbietern verschiedenster Bereiche derart häufig verwendet werden, dass das angesprochene inländische Publikum die angemeldete Wortfolge in ihrer Gesamtheit stets nur als eine anpreisende Aussage im Sinne eines Leistungsversprechens und nicht als betrieblichen Herkunftshinweis versteht (vgl. BPatG 29 W (pat) 571/12 – We care).
d) Die Markenstelle hat es damit versäumt, den verfahrensgegenständlichen Zurückweisungsbeschluss zu begründen (vgl. § 61 Abs. 1 Satz 1 MarkenG).“
BPatG, Beschl. v. 24.05.2022, Az. 26 W (pat) 524/21 – Immer an deiner Seite