Geruch in Textform

Der Anmelder hatte das sonstige Zeichen „Die Marke besteht aus dem Geruch von Honig aus Nektar von Besenheideblüten (Cannula Vulgaris) auf Golfbällen“ für die Waren „Sportartikel“ der Klasse 28 angemeldet und diese wie folgt „Handelsübliche Golfbälle sind geruchsfrei. Heideblütenhonig, hier in der Form von Honig aus Nektar von Blüten der Heidekrautart „Besenheide“ (Cannula Vulgaris), hat ausweislich der Beschreibung in Ziffer 3.1.1.2.1. der Neufassung der Leitsätze für Honig der Lebensmittelbuchkommission beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft in der Fassung vom 27. Juli 2011 einen charakteristischen, kräftig-aromatisch herben, Geruch. Die Marke besteht aus eben diesen Geruch auf Golfbällen“ beschrieben.

Das Bundespatentgericht bestätigte die Zurückweisung der Anmeldung mit folgender Begründung:

„A. Der Beschwerdeführer begehrt ausweislich des Anmeldeformulars die Eintragung des Zeichens als sonstige Markenform im Sinne von § 6 Nr. 7 in Verbindung mit § 12 a MarkenV. Als Wiedergabe der Marke gemäß § 12 a Abs. 1 Satz 2 MarkenV hat der Anmelder eine textliche Darstellung des Zeichens gem. § 12 a Abs. 1 S. 3 i. V. m. § 6 a Abs. 2 MarkenV verwendet und zusätzlich eine gemäß § 6 b MarkenV zulässige Beschreibung beigefügt. Da die Eintragung als eine sonstige Markenform beansprucht ist, kommt der Beschreibung „Handelsübliche Golfbälle sind geruchsfrei. Heideblütenhonig, hier in der Form von Honig aus Nektar von Blüten der Heidekrautart „Besenheide“ (Cannula Vulgaris), hat ausweislich der Beschreibung in Ziffer 3.1.1.2.1. der Neufassung der Leitsätze für Honig der Lebensmittelbuchkommission beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft in der Fassung vom 27. Juli 2011 einen charakteristischen, kräftig-aromatisch herben, Geruch. Die Marke besteht aus eben diesen Geruch auf Golfbällen“ im Streitfall eine den Schutzgegenstand bestimmende Bedeutung zu und ist daher untrennbarer Bestandteil der Markendarstellung im Sinne von § 32 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG.

B. Der Eintragung des angemeldeten sonstigen Zeichens „Geruch von Honig aus Nektar von Besenheideblüten (Cannula Vulgaris) auf Golfbällen“ (richtig: Calluna vulgaris) mit der vorgenannten Beschreibung stehen die Anforderungen an die Darstellbarkeit gem. §§ 3, 8 Abs. 1, 32 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG entgegen. Der Gegenstand des Markenschutzes kann durch die Behörden und das Publikum nicht klar und eindeutig bestimmt werden.

1. Weder § 3 Abs. 1 MarkenG noch Art. 3 der Richtlinie (EU) 2015/2436 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Marken (MarkenRL) erwähnen Geruchsmarken ausdrücklich. Zeicheneigenschaft und abstrakte Unterscheidungseignung dürften diesen nicht abzusprechen sein. Auch wenn mitunter im Geruch eine weitgehend subjektiv geprägte Sinneswahrnehmung gesehen wird, ist die grundsätzliche Eignung eines Geruchs, im Zusammenhang mit Waren oder Dienstleistungen als Zeichen wahrgenommen zu werden, zu bejahen (…).

2. Die Positionierung von § 8 Abs. 1 MarkenG im Bereich der absoluten Schutzhindernisse ändert nichts daran, dass die Frage der Darstellbarkeit bei angemeldeten Zeichen in richtlinienkonformer Auslegung unter dem Gesichtspunkt der Markenfähigkeit zu erörtern ist. Hierbei ist zu beachten, dass das Gebot der Darstellbarkeit und der Bestimmtheit sich nicht in der Erfüllung nachrangiger Formvorschriften der MarkenV erschöpft oder etwa nur eine technische, keine rechtliche Frage darstellt. Die Darstellbarkeit ist vielmehr ein zentrales materiellrechtliches Erfordernis der Markenfähigkeit von Registermarken, das zu den wesentlichen Grundlagen des harmonisierten Markenrechts gehört und das dazu dient, im Eintragungsverfahren der Beurteilung der Marke eine festgelegte Form zugrunde legen zu können, die Eintragung in das Register als solche überhaupt zu ermöglichen und die Eintragung im Interesse der Allgemeinheit zur Unterrichtung über die in Kraft stehenden Marken und über ihren Schutzbereich zu veröffentlichen (…). Insoweit ist das Register vor allem die Grundlage für die Entscheidung markenrechtlicher Kollisionsfälle, aber auch für die Beurteilung der rechtserhaltenden Benutzung. Demzufolge entfällt das Schutzhindernis des § 8 Abs. 1 MarkenG nicht schon dann, wenn der Schutzgegenstand als solcher überhaupt darstellbar ist; vielmehr muss auch die konkret angemeldete Marke gemäß den insoweit zu stellenden Anforderungen – vor allem der Kriterien der Sieckmann-Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) – dargestellt sein; das bedeutet, dass die Darstellung den beanspruchten Schutzgegenstand eindeutig definieren und hinreichend bestimmt wiedergeben muss (…). Daran hat sich auch nach dem Wegfall des Erfordernisses der grafischen Darstellbarkeit in Art. 3 b) der MarkenRL nichts geändert. Grundsätzlich genügt für die Darstellbarkeit nach § 8 Abs. 1 MarkenG auch eine mittelbare Darstellung. Diese muss es jedoch ermöglichen, das Zeichen so wiederzugeben, dass es klar und eindeutig bestimmt werden kann. Um diesem Kriterium zu genügen, muss die Darstellung in sich geschlossen, leicht zugänglich und für die Benutzer des Markenregisters verständlich sein. Im Hinblick auf die potentiell unbegrenzte Dauer des Markenschutzes muss die Darstellung darüber hinaus dauerhaft sein. Schließlich muss das Mittel der Darstellung unzweideutig und objektiv sein. Denn mit der Darstellung soll jedes subjektive Element bei der Identifizierung und Wahrnehmung des Zeichens ausgeschlossen sein.

3. Das angemeldete Zeichen entspricht nicht den in Erwägungsgrund 13 MarkenRL ausdrücklich genannten Kriterien der Sieckmann-Rechtsprechung des EuGH. Danach muss ein Zeichen im Register klar, eindeutig, in sich abgeschlossen, leicht zugänglich, verständlich, dauerhaft und objektiv dargestellt sein.

a. Die Angabe einer chemischen Formel zur Definition der den betreffenden Geruch aufweisenden Substanz genügt dem ebenso wenig wie die Wiedergabe von Gerüchen im Wege der Gaschromatographie. Zudem gibt es keine allgemein anerkannte internationale Klassifikation von Düften, die – vergleichbar den Klassifizierungssystemen für Farben – eine hinreichend objektive und präzise Bezeichnung erlauben würde. Auch die Hinterlegung einer Geruchsprobe führt daher nicht zur Darstellbarkeit, da ihr die erforderliche Stabilität und Dauerhaftigkeit fehlt. Ebenfalls unzureichend ist die Darstellung eines Geruchs in Form eines nur für Fachleute der Parfümindustrie verständlichen Farbcodes (…).

b. Doch auch die hier gewählte wörtliche Darstellung der Marke nebst weiterer Beschreibung lässt den Gegenstand des Geruchszeichens nicht klar, präzise, eindeutig und objektiv erkennen.

aa. Die Gesetzesbegründung des Markenrechtsmodernisierungsgesetzes (MaMoG) hält die Beschreibung eines Geruchs in Textform für jedenfalls nicht ausgeschlossen. Der neue § 6a Abs. 2 S. 1 MarkenV, der eine Darstellung alleine durch Text zulässt, wird im Regierungsentwurf des MaMoG ausdrücklich als Möglichkeit zur Darstellung von Gerüchen genannt. Voraussetzung ist nach § 6a Abs. 2 S. 1 MarkenV allerdings, dass der Text den Schutzgegenstand nach § 8 Abs. 1 MarkenG klar und eindeutig bestimmbar macht (…). Dies wird nahezu einheitlich im Schrifttum auch nach dem Wegfall des Erfordernisses der grafischen Darstellbarkeit als nicht möglich angesehen (…).

bb. Auch im vorliegenden Fall genügt die Darstellung in Textform zusammen mit der Beschreibung den genannten Anforderungen nicht. Bei „Honig aus Nektar der Besenheideblüten“ handelt es sich um eine eher seltene Honigsorte, die in der Regel aufgrund des hohen hierfür notwendigen Arbeitsaufwandes nicht industriell, sondern nur von Imkereien regional in kleineren Mengen hergestellt wird. Daher ist er in Geschmack, Konsistenz und Geruch bei jeder Ernte unterschiedlich (…). Ferner wird der Geruch von Honig aus Besenheideblüten vereinzelt auch als „sehr süß“ beschrieben (…). Wie die Markenstelle zudem zutreffend festgestellt hat, ist der beschriebene „kräftig-aromatisch herbe Geruch“ auch im Übrigen nicht klar und eindeutig bestimmt. „Herb“ bedeutet „(in Bezug auf den Geschmack, Geruch von etwas) keine gefällige Süße besitzend, sondern ein wenig scharf, leicht bitter oder säuerlich“. Beispiele dafür sind „herber Wein“, herber Duft von Herbstlaub oder herbes Parfüm (vgl. Duden/Rechtschreibung/herb). Wie schon diese Beispiele zeigen, gibt es sehr unterschiedliche olfaktorische Ausprägungen von „herb“. Hinzu kommt, dass es auch für die weiteren Bestandteile der Beschreibung „kräftig“ (u. a. „in hohem Maße ausgeprägt“ (vgl. Duden/ Rechtschreibung/kräftig) und „aromatisch“ (u. a. voller Aroma, würzig, wohlschmeckend, wohlriechend“ (vgl. Duden/ Rechtschreibung/aromatisch“) – insbesondere in der Kombination „kräftig-aromatisch“ – an objektiven Kriterien fehlt. Folglich ist nicht ausreichend klar, ab wann der Geruch des Honigs z. B. „kräftig-aromatisch“, „aromatisch“ oder „mild-aromatisch“ ist. Hinzu kommt, dass der menschliche Geruchssinn stark individuell geprägt ist. So kann ein Duft, der für eine Person schon ein kräftiges und herbes Aroma aufweist, für eine andere mit weniger ausgeprägtem oder trainierten Geruchssinn evtl. nur schwach aromatisch und nicht herb sein. Dies gilt umso mehr, als der Geruchssinn sich im Laufe des Lebens verändert und u. a. mit zunehmendem Alter abnimmt, aber auch durch Umwelteinflüsse wie Rauchen, häufigen Kontakt mit Staub, etc. und sogar Emotionen anderer Personen beeinflusst wird (vgl. die mit dem Hinweis vom 14.03.2023 übermittelten Anlagen, Bl. 25 ff. d. A.).

BPatG, Beschl. v. 20.09.2023, Az. 29 W (pat) 515/21 – Die Marke besteht aus dem Geruch von Honig aus Nektar von Besenheideblüten (Cannula Vulgaris) auf Golfbällen
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