5 ½ Jahre

Ein Widerspruch kann auch auf eine zeitlich ältere geschäftlichen Bezeichnung als Unternehmenskennzeichen gestützt werden. Ein solcher Löschungsanspruch besteht nach der Rechtsprechung des Bundespatentgerichts (vgl. u.a. BPatG, Beschl. v. 12.01.2023, Az. 30 W (pat) 9/21 – Haubelt GmbH Laborgeräte) dann, wenn ein anderer vor dem für den Zeitrang der eingetragenen Marke maßgeblichen Tag Rechte an einer geschäftlichen Bezeichnung im Sinne des § 5 MarkenG erworben hat und diese ihn berechtigen, die Benutzung der eingetragenen Marke im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu untersagen. Nach § 5 Abs. 1 MarkenG werden als geschäftliche Bezeichnungen neben Werktiteln auch Unternehmenskennzeichen geschützt. Das sind Zeichen, die im geschäftlichen Verkehr als Name, als Firma oder als besondere Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs oder eines Unternehmens benutzt werden (§ 5 Abs. 2 Satz 1 MarkenG). Das ältere Kennzeichenrecht muss wirksam entstanden sein, zum Kollisionszeitpunkt, also im Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke, noch bestanden haben und im Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerspruch noch fortbestehen. Dabei obliegt es in Fällen, in denen ein Widerspruch aus einem nicht registrierten, sondern durch Benutzung entstandenen Recht erhoben wurde, dem Widersprechenden, die Voraussetzungen für das Bestehen des älteren Rechts, seinen Zeitrang und seine Inhaberschaft an diesem Recht darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen.

In vorgenannter Haubelt GmbH Laborgeräte-Entscheidung widersprach ein Insolvenzverwalter im Jahr 2017 einer Markeneintragung, berief sich auf ein älteres Unternehmenskennzeichen und verlor das Verfahren, weil das Unternehmenskennzeichen des Widersprechenden zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerspruch im Jahr 2023 keinen Bestand mehr hatte.

In den Entscheidungsgründen heißt es hierzu wie folgt:

„3. Der Widersprechende hat jedoch weder dargelegt noch nachgewiesen, dass sein Unternehmenskennzeichen zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerspruch noch fortbestanden hat.

Als „Entscheidung“ in diesem Sinne ist die das jeweilige Verfahren abschließende Entscheidung einer Tatsacheninstanz zu verstehen (…), vorliegend demnach der Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde des Inhabers der angegriffenen Marke.

a. Wie die Firma sind auch die anderen Unternehmenskennzeichen in Entstehung und Fortbestand an ein konkretes lebendes Unternehmen gebunden (Akzessorietätsprinzip: …). Die prioritätswahrende Erhaltung des Kennzeichenschutzes nach § 5 Abs. 2 Satz 1 MarkenG setzt daher grundsätzlich die Fortbenutzung des Kennzeichens für das Unternehmen oder den Geschäftsbetrieb voraus, für den der Schutz begründet worden ist. Der Schutz endet mit der endgültigen Aufgabe des Kennzeichengebrauchs bzw. mit der endgültigen Aufgabe des Geschäftsbetriebs (…). Einer Betriebsaufgabe steht eine wesentliche Änderung des Betriebs gleich, die dazu führt, dass der Verkehr den neuen Betrieb nicht mehr als Fortsetzung des alten ansieht. Ausnahmsweise geht der Schutz nicht verloren, wenn der Geschäftsbetrieb nur zeitweise stillgelegt wird, jedoch in seinem für die Wiedereröffnung wesentlichen Bestand erhalten bleibt und die Absicht sowie die Möglichkeit bestehen, ihn innerhalb eines solchen Zeitraums fortzusetzen, dass die Stilllegung nach der dafür maßgeblichen Verkehrsauffassung noch als vorübergehende Unterbrechung erscheint (…). Die Frage, ob eine nur vorübergehende Nutzungsunterbrechung vorliegt, ist nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu entscheiden. Hierfür sind der Zeitraum, der Umfang und die Umstände der vorherigen Verwendung der Kennzeichnung sowie die Dauer und der Grund der Unterbrechung von Bedeutung sowie der Umstand, ob sich der Fortsetzungswille in entsprechenden Handlungen manifestiert hat oder aufgrund besonderer Umstände für den Verkehr nahelag (…).

b. Ausgehend davon kann zwar von einer endgültigen Aufgabe des Kennzeichengebrauchs nicht allein aufgrund der mit Beschluss des Amtsgerichts C… vom 19. Juni 2017 angeordneten Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin ausgegangen werden; vielmehr begründet dies grundsätzlich zunächst einmal nur eine den Bestand des Unternehmenskennzeichens nicht beeinträchtigende Unterbrechung der Benutzung, zumal ein Insolvenzverfahren auch den Zweck verfolgt, ein insolventes Unternehmen nach Möglichkeit zu sanieren und fortzuführen. Jedoch bedarf es vorliegend aufgrund des seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetretenen Zeitablaufs von mehr als 5 ½ Jahren konkreter Anhaltspunkte dafür, dass der Widersprechende und Insolvenzverwalter noch die Möglichkeit und die Absicht hat, den Geschäftsbetrieb der Insolvenzschuldnerin oder zumindest Teile davon unter der bisherigen Firma fortzuführen und/oder zu veräußern (…). Der Widersprechende hat jedoch auf die entsprechende Verfügung vom 10. Oktober 2022, mit der er aufgefordert worden ist, Nachweise dafür vorzulegen, dass der mit dem widersprechenden Unternehmenskennzeichen gekennzeichnete Geschäftsbetrieb „Vertrieb von Laborgeräten für chemische Laboratorien zur Bestimmung von Getreidemehleigenschaften zwecks Teigzubereitung und deren Montage aus vorgefertigten Baugruppen“ noch existiert bzw. nicht endgültig aufgegeben worden ist, nicht reagiert. Entsprechende Handlungen, in denen sich ein solcher Fortsetzungswille manifestiert haben könnte, sind ebenfalls nicht erkennbar. Es bestehen daher keine Anhaltspunkte, dass der unter dem Unternehmenskennzeichen im Jahre 2006 begründete Geschäftsbetrieb der Insolvenzschuldnerin zum gegenwärtigen Zeitpunkt in dem für eine Wiedereröffnung/Fortsetzung erforderlichen Umfang noch Bestand hat bzw. eine Fortsetzung zu einem späteren Zeitpunkt geplant ist. Aufgrund dieser Umstände kann daher zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerspruch nicht (mehr) nur von einer zeitweisen Stilllegung bzw. vorübergehenden Unterbrechung des unter dem Unternehmenskennzeichen geführten Geschäftsbetriebes, sondern muss von einer endgültigen Geschäftsaufgabe ausgegangen werden.

4. Das Unternehmenskennzeichen des Widersprechenden hat daher keinen Bestand mehr, so dass der angefochtene Beschluss aufzuheben und der auf die geschäftliche Bezeichnung als Unternehmenskennzeichen gestützte Widerspruch zurückzuweisen ist.“

BPatG, Beschl. v. 12.01.2023, Az. 30 W (pat) 9/21 – Haubelt GmbH
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