Sinnlose Förmelei

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs (BGH) können weitere Löschungsgründe in einem rechtshängigen Löschungsverfahren unter den Voraussetzungen des § 263 ZPO nachgeschoben werden (vgl. BGH, Beschl. v. 23.07.2020, Az. I ZB 42/19 – Quadratische Tafelschokoladenverpackung II). In den Entscheidungsgründen heißt es wie folgt:

„Entgegen der Ansicht des Bundespatentgerichts lässt das im Löschungsverfahren nach § 54 Abs. 2 MarkenG vorgesehene Vorverfahren nicht darauf schließen, dass eine Änderung oder Erweiterung des Löschungsantrags im Löschungsverfahren unzulässig ist.

Wird ein Antrag auf Löschung gestellt oder ein Löschungsverfahren von
Amts wegen eingeleitet, unterrichtet das Patentamt den Inhaber der eingetragenen Marke nach § 54 Abs. 2 Satz 1 MarkenG darüber, dass ein Antrag auf Löschung gestellt oder ein Löschungsverfahren von Amts wegen eingeleitet wird. Widerspricht der Inhaber der Löschung nicht innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Mitteilung, wird die Eintragung nach § 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG gelöscht. Widerspricht er der Löschung, so wird nach § 54 Abs. 2 Satz 3 MarkenG das Löschungsverfahren durchgeführt. Aus dieser Regelung geht nicht hervor, dass im Löschungsverfahren eine Erweiterung des Streitgegenstands um weitere Löschungsgründe unzulässig ist. Ist bereits ein Löschungsverfahren anhängig und werden weitere Löschungsgründe geltend gemacht, werden diese vielmehr unter den Voraussetzungen der entsprechend anwendbaren Regelung des § 263 ZPO Gegenstand des laufenden Verfahrens, ohne ein neues Löschungsverfahren in Gang zu setzen. Den nachgeschobenen Löschungsgründen muss daher auch nicht innerhalb von zwei Monaten widersprochen werden, um eine Löschung zu verhindern (…). Das in § 54 Abs. 2 MarkenG vorgesehene Vorverfahren dient ebenso wie das Versäumnisverfahren der Zivilprozessordnung dazu, unstreitige Löschungsverfahren von streitigen zu trennen und bei unterbliebenem Widerspruch des Markeninhabers eine schnelle Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts über den Löschungsantrag herbeizuführen. Hat der Markeninhaber der Löschung seiner Marke bereits einmal widersprochen, wäre es eine sinnlose Förmelei, wenn man von ihm verlangen würde, der Geltendmachung weiterer Löschungsgründe jeweils innerhalb von zwei Monaten erneut zu widersprechen.“

BGH, Beschl. v. 23.07.2020 S. 8 ff. Rn. 14 ff., Az. I ZB 42/19 – Quadratische Tafelschokoladenverpackung II

Das Nachschieben von Löschungsgründen ist selbst noch im Beschwerdeverfahren möglich. Im obigen Verfahren hatte die Antragstellerin am 25.11.2010 beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) mit der Begründung die Löschung der Marke beantragt, die
angegriffene Marke bestehe ausschließlich aus einer Form, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich sei (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Im Verlauf des Löschungsverfahrens hatte sie gegenüber dem DPMA weiter geltend gemacht, die der Markeneintragung zugrunde liegenden Abbildungen ließen den Schutzgegenstand nicht eindeutig erkennen (§ 8 Abs. 1 MarkenG). Das DPMA hatte den Löschungsantrag zurückgewiesen. Die Antragstellerin hatte gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt. Während des Beschwerdeverfahrens hatte sie erklärt, sie stütze ihren Löschungsantrag auch darauf, dass die Marke ausschließlich aus einer Form bestehe, die durch die Art der Ware selbst bedingt sei (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) und die der Ware einen wesentlichen Wert verleihe (§ 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG). Des Weiteren hatte sie erklärt, der Löschungsantrag werde nicht mehr mit § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG begründet.

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