Bundespatentgericht (BPatG), Beschl. v. 11.11.2008, Az. 33 W (pat) 88/07 – ENA

Leitsatz

Der Wortmarke „ENA“ ist hinsichtlich der Waren „reagants for use in industry, scientific research and analysis of food (exept for medical and veterinary purposes)“ eintragungsfähig. Der Schutzerstreckung im beantragten Umfang stehen keine Schutzhindernisse nach §§ 107, 113, 37, 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG i. V. m. Art. 5 Abs. 1 MMA, Art. 6quinquies Abschn. B Satz 1 Nr. 2 PVÜ entgegen.

Aus den Entscheidungsgründen

Der Beschwerdeantrag der Markeninhaberin sei dahingehend auszulegen, dass Schutz nur noch für die Waren der Klasse 1 „reagants for use in industry, scientific research and analysis of food (exept for medical and veterinary purposes)“ be­gehrt werde. Auf den klarstellenden Hinweis des Senats zum Warenverzeichnis habe die Markeninhaberin in ihrer unmittelbar darauffolgenden Eingabe mit der teilwei­sen Beschwerderücknahme keine Einwände erhoben, so dass der Beschwerde­antrag bzw. ihr Schutzerstreckungsbegehren entsprechend auszulegen sei. Der Schutzerstreckung im beantragten Umfang stünden keine Schutzhindernisse nach §§ 107, 113, 37, 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG i. V. m. Art. 5 Abs. 1 MMA, Art. 6quinquies Abschn. B Satz 1 Nr. 2 PVÜ entgegen.

Die schutzsuchende Bezeichnung sei nach der Erkenntnis des Senats nicht geeignet, Merkmale der aktuell beanspruchten Waren i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu bezeichnen.

Im Bereich der Pharmazie und Medizin ließen sich für die Bezeichnung „ENA“ zwar zwei Bedeutungen nachweisen. „ENA“ werde als Abkürzung für „essentielle N-Acylethanolamine“ und für „extrahierbare nukleäre Antigene“ verwendet. „Es­sentielles N-Acylethanolamin“ sei ein anti-oxidativer und entzündungshemmender Wirkstoff, der ein Schutzsystem der Haut bilde. „Extrahierbare nukleäre Antigene“ würden mit mehreren Autoimmunsyndromen in Verbindung gebracht und hätten einen diagnostischen und/oder prognostischen Wert bei verschiedenen Krankhei­ten. Die extrahierbaren nukleären Antigene seien dafür z. B. als Serum verfügbar.
Beide Bedeutungen spielten im Bereich der Medizin und der Arzneimittel – wie durch entsprechende weitere Recherchen des Senats belegt werden konnte – bei verschiedensten Krankheiten eine Rolle, nämlich essentielles N-Acylethanolamin u. a. bei Neurodermitis und Schuppenflechte, extrahierbare nukleäre Antigene bei systemischer Sklerose, gemischter Bindegewebskrankheit, Sjörgen-Syndrom, Polymyositis, Dermatomyositis, systemischem Lupus erythematosus und rheu­matoider Arthritis. Im Hinblick auf diese breiten Anwendungsgebiete komme für die schutzsuchende Marke wohl im gesamten Bereich pharmazeutisch-medizinischer Produkte die Gewährung von Markenschutz nicht in Betracht. Die Markeninhabe­rin habe diesem Umstand durch die teilweise Rücknahme ihrer Beschwerde Rech­nung getragen und damit ihr Schutzerstreckungsbegehren insoweit aufgegeben. Zu diesem Punkt bedürfe es demzufolge auch keiner Entscheidung mehr.

Zwischen der Bezeichnung „ENA“ und den aktuell noch beanspruchten Waren der Klasse 1, nämlich „Reagenzien für die Verwendung in der Industrie, in der wissen­schaftlichen Forschung und für die Lebensmittelanalyse“ könne ein beschreibender Zusammenhang nicht hergestellt werden, zumal die Markeninhaberin im bean­spruchten Warenbereich „medizinische und veterinärmedizinische Zwecke“ zur deutlichen Abgrenzung auch noch ausdrücklich ausgeschlossen habe. Folglich könne auch eine Eignung der angemeldeten Bezeichnung zur Warenbeschreibung i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht festgestellt werden.

Der schutzsuchenden Marke könne auch die Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht abgesprochen werden. Ausgehend von den vorstehenden Ausführungen zum Freihaltungs­bedürfnis sei bei der Bezeichnung „ENA“ eine warenbeschreibende Be­deutung nicht gegeben.

Das von der Markenstelle im Bereich der Waren der Klasse 5 gemäß Hilfsan­trag angenommene Schutzhindernis der Täuschungsgefahr gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG komme im Zusammenhang mit den aktuell beanspruchten Waren der Klasse 1 nicht in Betracht. Es fehle bereits an einem hinreichend engen Zu­sammenhang zwischen den beanspruchten Waren und den Waren, bei denen die schutzsuchende Bezeichnung eine beschreibende Angabe darstelle. Demzufolge habe der Verkehr auch keinen Anlass, eine Fehlvorstellung dahingehend zu ent­wickeln, dass die mit „ENA“ gekennzeichnete Waren extrahierbare nukleäre Anti­gene oder essentielle N-Acyethanolamine enthalten oder enthalten könnten, so dass eine entsprechende Täuschungsgefahr nicht festgestellt werden könne.

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