Bundespatentgericht (BPatG), Beschl. v. 18.11.2008, Az. 33 W (pat) 116/06 – Portfolio Performance Incorporated

Leitsatz
  1. Die Wortfolge „Portfolio Performance Incorporated“ stellt in Bezug auf die ursprünglich beanspruchten Dienstleistungen „Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Unternehmensberatung; Marketing; Marktforschung und Marktanalyse“ eine beschreibende Angabe nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dar, der zudem die Unterscheidungskraft fehlt, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
  2. Soweit die Zulässigkeit des von der Anmelderin im Laufe des Beschwerdeverfahrens ins Dienstleistungsverzeichnis aufgenommenen Disclaimers ausgegangen wird, ist die angemeldete Marke wegen ersichtlicher Täuschungsgefahr nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 i. V. m. § 37 Abs. 3 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen.
  3. Es kann dahingestellt bleiben, ob die von der Anmelderin im Laufe des Beschwerdeverfahrens durch Aufnahme des Disclaimers „…; ausgenommen Dienstleistungen, die sich auf Finanzanlagen oder Finanzanlageentscheidungen beziehen oder die sich auf die Verwaltung oder Optimierung von Finanzanlagen, Vermögenswerten oder Portfolios von Vermögenswerten beziehen“ vorgenommene Beschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses wirksam ist oder nicht. Ein Disclaimer durch den Teilbereiche ausgenommen werden, die ansonsten zum Regelleistungsspektrum der Dienstleistungen gehören oder sogar integraler Bestandteil dieser Dienstleistungen sind, erscheint jedenfalls problematisch.

Aus den Entscheidungsgründen

Es könne dahingestellt bleiben, ob die von der Anmelderin im Laufe des Beschwerdeverfahrens durch Aufnahme des Disclaimers „…; ausgenommen Dienstleistungen, die sich auf Finanzanlagen oder Finanzanlageentscheidungen beziehen oder die sich auf die Verwaltung oder Optimierung von Finanzanlagen, Vermögenswerten oder Portfolios von Vermögenswerten beziehen“ vorgenommene Beschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses wirksam sei oder nicht. Ein Disclaimer durch den Teilbereiche ausgenommen werden, die ansonsten zum Regelleistungsspektrum der Dienstleistungen gehören oder sogar integraler Bestandteil dieser Dienstleistungen sind, erscheine jedenfalls problematisch.
Soweit von der Wirksamkeit des Disclaimers ausgegangen werde, sei die angemeldete Marke jedenfalls wegen ersichtlicher Täuschungsgefahr nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 i. V. m. § 37 Abs. 3 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen.

Im Zusammenhang mit den ursprünglich beanspruchten Dienstleistungen „Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Unternehmensberatung; Marketing; Marktforschung und Marktanalyse“ stelle die angemeldete Wortfolge eine beschreibende Angabe nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dar, der auch die Unterscheidungskraft fehle, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

Die Markenstelle habe sowohl die Bedeutung der Einzelbestandteile der angemeldeten Wortfolge „portfolio“, „performance“ und „incorporated“ als auch die Gesamtbedeutung der Wortfolge zutreffend ermittelt. Bei dem Begriff „Portfolio“ stehe im hier maßgeblichen Gesamtzusammenhang mit den weiteren Markenwörtern und im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen ausschließlich die finanztechnische Bedeutung im Sinne von „Bündel von Investitionen“ im Vordergrund. Im Management- und Marketing-Bereich bezeichne der Begriff „Portfolio“ eine Kollektion von Produkten, Dienstleistungen, Projekten und Marken, die ein Unternehmen anbiete. In dem entsprechenden Zusammenhang werde das weitere Markenwort „performance“ im weitesten Sinne als Messgröße zur Erfolgsbeurteilung von Kapitalanlagen erfasst.

Mit der Wortfolge „Portfolio performance“ werde danach die „Performance“ (= der Auftritt) der in einem „Portfolio“ (Anlagebündel) befindlichen Vermögenswerte bezeichnet, wobei die „performance“ überdurchschnittlich sei, wenn sie über einem bestimmten Durchschnittswert (Benchmark) liege, und unterdurchschnittlich, wenn sie darunter liege, bei gleichzeitiger Berücksichtigung des Risikos in der Gesamtbeurteilung der „performance“. Da der Begriff „Portfolio“ auch als Kollektion von Produkten, Dienstleistungen, Projekten und Marken, die ein Unternehmen anbietet, verstanden werden könne, könne die Bezeichnung „Portfolio performance“ auch ohne weiteres als Messgröße für den Erfolg dieser Kollektion von Waren und Dienstleistungen auf der Angebotsseite eines Unternehmens angesehen werden.

Bei den Dienstleistungen „Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Unternehmensberatung; Marketing; Marktforschung und Marktanalyse“ spiele „portfolio performance“ im Sinne der Beurteilung der Vermögenswerte des Unternehmens oder auch der Angebotspalette von Unternehmen eine zentrale Rolle. Die Beurteilung der Vermögenswerte sei geradezu integraler Bestandteil der Tätigkeit. So könne z. B. ein Unternehmen nicht sinnvoll geführt werden, wenn nicht die Vermögenswerte bzw. die angebotenen Produkte des Unternehmens einer ständigen Kontrolle bzw. Erfolgskontrolle unterliegen würden. Nur mit dieser Kontrolle könnten die strategischen Entscheidungen für die künftige Ausrichtung eines Unternehmens einigermaßen zuverlässig getroffen werden. Dies sei auch wesentlicher Teil der Aufgabe des betriebswirtschaftlichen „Controllings“ (= Beschaffung, Aufbereitung und Analyse von Daten zur Vorbereitung zielsetzungsgerechter Entscheidungen in den Unternehmen. Dies gelte in gleicher Weise für die Dienstleistungen „Unternehmensverwaltung; Unternehmensberatung“. Auch bei den weiteren Dienstleistungen „Marketing; Marktforschung und Marktanalyse“ spielten diese Unternehmensdaten eine zentrale Rolle. Im Zusammenhang mit der Dienstleistung „Büroarbeiten“ könne die Wortfolge „portfolio performance“ darauf hinweisen, dass diese speziell auf den Bereich des „Controllings“ abgestimmt und hierfür angeboten werde, so dass damit auch insoweit die Art und Beschaffenheit dieser Dienstleistung beschrieben werden könne.

Angesichts der überaus häufigen beschreibenden Verwendung der Wortfolge „portfolio performance“ im Verkehr sei insoweit von einem hochgradigen Freihaltungsbedürfnis auszugehen.

Der weitere Markenbestandteil „Incorporated“ bringe als beschreibender Zusatz lediglich zum Ausdruck, dass die Dienstleistungen von irgendeinem Unternehmen erbracht werden, das im US-amerikanischen Handelsregister eingetragen sei. Der Umstand, dass die volle Bezeichnung „Incorporated“ und nicht die ansonsten übliche Abkürzung „Inc.“ verwendet werde, rechtfertige keine andere Beurteilung. Durch die nicht abgekürzte Bezeichnung werde der beschreibende Bedeutungsgehalt eher noch verstärkt zum Ausdruck gebracht. Gleiches würde gelten, wenn die markenrechtlich schutzunfähigen Unternehmensrechtsformen wie etwa AG oder GmbH mit der nicht abgekürzten Bezeichnung „Aktiengesellschaft“ oder „Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ verwendet würden. Solche Sachhinweise dürfen nicht monopolisiert werden, sondern müssen vielmehr den Mitbewerbern zur freien beschreibenden Verwendung zur Verfügung stehen. Der Umstand, dass der Begriff „Incorporated“ in der englischen Sprache verschiedene Bedeutungen aufweise, führe zu keiner anderen Beurteilung, insbesondere nicht zu einer schutzbegründenden Mehrdeutigkeit. Von einem die Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Begriff könne auch auszugehen sein, wenn das Markenwort verschiedene Bedeutungen habe, sein Inhalt vage sei oder nur eine der möglichen Bedeutungen die Waren oder Dienstleistungen beschreibe. Außerdem sei die Frage der schutzbegründenden Bedeutungsvielfalt immer im Zusammenhang mit den jeweils beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu beurteilen. In dem vorliegenden Zusammenhang sei ein Verständnis von „Incorporated“, das von der hier angenommenen Bedeutung abweiche, außerhalb der Wahrscheinlichkeit und deshalb ohne jede Relevanz.

Ein merklicher Unterschied zwischen der Kombination der Bestandteile und der bloßen Summe der Bestandteile sei vorliegend nicht gegeben. Die Gesamtwortfolge sei weder sprachlich besonders ausgestaltet noch sei die Kombination der Bestandteile als solche ungewöhnlich. Die Wortfolge „Portfolio performance“ und der weitere Markenbestandteil „Incorporated“ seien vielmehr im Zusammenhang mit den angebotenen Dienstleistungen inhaltlich klar dahingehend aufeinander bezogen, dass es um (irgend)ein im US-amerikanischen Handelsregister eingetragenes Unternehmen gehe, das sich in irgendeiner Form mit der „Beurteilung der Vermögenswerte von Unternehmen“ oder auch „der Beurteilung der Angebotspalette von Unternehmen“ beschäftige.

Da der Verkehr im vorliegend gegebenen Zusammenhang in der angemeldeten Wortfolge zudem nur einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt und keinen betrieblichen Herkunftshinweis erkennen werde, fehle der Wortfolge auch die Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

Soweit die Zulässigkeit des von der Anmelderin im Laufe des Beschwerdeverfahrens ins Dienstleistungsverzeichnis aufgenommenen Disclaimers ausgegangen werde, sei die angemeldete Marke wegen ersichtlicher Täuschungsgefahr nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 i. V. m. § 37 Abs. 3 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Adressat der beanspruchten Dienstleistungen werde selbstverständlich davon ausgehen, dass es bei den unter der angemeldeten Wortfolge angebotenen Dienstleistungen um solche gehe, die sich mit einem „Portfolio“ bzw. einer „Performance eines Portfolios“ bzw. mit der „Beurteilung der Vermögenswerte von Unternehmen“ oder auch der „Beurteilung der Angebotspalette von Unternehmen“ befassen würden. Er werde demzufolge getäuscht, wenn er sich gerade in der Erwartung eines solchen Dienstleistungsangebots an den Anbieter dieser Dienstleistungen wende.

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