Bundespatentgericht (BPatG), Beschl. v. 20.11.2008, Az. 28 W (pat) 219/07 – 601 deluxe

Leitsatz
  1. Die Wort-/Bildmarke 601 deluxe wird nicht wegen Bösgläubigkeit gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 4 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG gelöscht.
  2. Nach §§ 50 Abs. 1 Nr. 4, 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG kann die Löschung einer angegriffenen Marke angeordnet werden, wenn erwiesen ist, dass ihre Anmeldung rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig erfolgt ist. Das registerrechtliche Löschungsverfahren unterliegt dabei als kontradiktorisches Verfahren den für diese Verfahrensart geltenden Regeln. Der Antragsteller ist deshalb gehalten, im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht konkrete Tatsachen vorzutragen, welche die von ihm geltend gemachten Löschungsgründe stützen. Dies gilt gerade im Löschungsverfahren wegen Bösgläubigkeit, da hier regelmäßig Umstände maßgeblich sind, über die nur die jeweiligen Verfahrensbeteiligten Kenntnis haben können. Der Vortrag bloßer Rechtsausführungen und Vermutungen ist dagegen ungeeignet, diese Mitwirkungspflicht zu erfüllen.
  3. Ein Markenanmelder handelt nicht schon deshalb unlauter, weil ihm bereits bei der Anmeldung einer Marke bekannt ist, dass bereits ein anderer dasselbe oder ein ähnliches Kennzeichen für gleiche oder ähnliche Waren benutzt, ohne hierfür einen formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben. Im Hinblick auf das grundsätzlich berechtigte Interesse an der Erlangung von Markenschutz müssen vielmehr besondere Umstände vorliegen, die das Erwirken einer Markeneintragung als sittenwidrig erscheinen lassen.

Aus den Entscheidungsgründen

Nach §§ 50 Abs. 1 Nr. 4, 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG könne die Löschung einer angegriffenen Marke angeordnet werden, wenn erwiesen sei, dass ihre Anmeldung rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig erfolgt sei. Das registerrechtliche Löschungsverfahren unterliege dabei als kontradiktorisches Verfahren den für diese Verfahrensart geltenden Regeln. Der Antragsteller sei deshalb gehalten, im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht konkrete Tatsachen vorzutragen, welche die von ihm geltend gemachten Löschungsgründe stützen. Dies gelte gerade im Löschungsverfahren wegen Bösgläubigkeit, da hier regelmäßig Umstände maßgeblich seien, über die nur die jeweiligen Verfahrensbeteiligten Kenntnis haben können. Der Vortrag bloßer Rechtsausführungen und Vermutungen sei dagegen ungeeignet, diese Mitwirkungspflicht zu erfüllen.
Die Bösgläubigkeit müsse bereits zum Anmeldezeitpunkt gegeben sein. Ein Markenanmelder handele aber nicht schon deshalb unlauter, weil ihm bereits bei der Anmeldung einer Marke bekannt sei, dass bereits ein anderer dasselbe oder ein ähnliches Kennzeichen für gleiche oder ähnliche Waren benutze, ohne hierfür einen formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben. Deshalb könne es im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, wie bekannt die Bezeichnung „601 deluxe“ als Produktbezeichnung eines bestimmten Automodells im Inland zum Anmeldezeitpunkt tatsächlich war. Aus diesem Aspekt könnten sich lediglich Anhaltspunkte für die fehlende Unterscheidungskraft einer solchen Angabe nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG bzw. für ein relevantes Allgemeininteresse an ihrer freien Verwendbarkeit nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ergeben – diese Löschungsgründe wurden vom Antragsteller aber nicht geltend gemacht. Für die Annahme einer Bösgläubigkeit nach § 50 Abs. 1 Nr. 4 MarkenG sei der genannte Aspekt aber für sich genommen keinesfalls ausreichend. Im Hinblick auf das grundsätzlich berechtigte Interesse an der Erlangung von Markenschutz müssten vielmehr besondere Umstände vorliegen, die das Erwirken einer Markeneintragung als sittenwidrig erscheinen ließen. Solche Umstände seien hier aber weder substantiiert vorgetragen worden noch ersichtlich.
So könne nicht von einem fehlenden Benutzungswillen der Markeninhaberin zum Anmeldezeitpunkt ausgegangen werden. Dabei sei zu berücksichtigen, dass wegen der schwierigen Überprüfbarkeit dieses subjektiven Tatbestandsmerkmals ein Benutzungswille bei der Anmeldung grundsätzlich vermutet werde. Diese Vermutung hätte der Antragsteller nicht widerlegen können. Soweit er sinngemäß vorgetragen habe, die Markeninhaberin habe neben der angegriffenen Marke zwei weitere vergleichbare Marken ausschließlich zu dem Zweck angemeldet, gutgläubige Dritte in der Benutzung von Kennzeichen zu behindern, die im Zusammenhang mit dem Autotyp Trabant stünden, fehlten hierzu jegliche Belege. Da die Fortschreibung einer Markenfamilie aber durchaus auf den legitimen Zweck ausgerichtet sein könne, die eigene Wettbewerbsposition zu fördern, könne bei einer solchen Vorgehensweise keineswegs immer von einer wettbewerbswidrigen Behinderungsabsicht ausgegangen werden. Die Beschwerdeführerin habe in der mündlichen Verhandlung insoweit ausgeführt, die Anmeldung der fraglichen drei Marken diene dem zentralen Anliegen des Vereins, im Wege der Traditionspflege den Schutz der Kultmarke „Trabant“ zu gewährleisten. Zu diesem Zweck würden auch an seriöse Interessenten Markenlizenzen vergeben, in den meisten Fällen sogar unentgeltlich. Dies wurde vom Antragsteller zwar in Zweifel gezogen, allerdings wiederum ohne diese Zweifel mit konkreten Anhaltspunkten zu untermauern. Allein der Hinweis, die Antragsgegnerin sei schon aus einer anderen Marke gegen ihn vorgegangen und habe ihn dadurch zum Abschluss eines Lizenzvertrages genötigt, weshalb zu erwarten sei, dass auch mit der angegriffenen Marke so verfahren werde, sei insoweit ebenso unzureichend, wie der vorgelegte Auszug eines „Trabi“-Internetforums, mit pauschalen und teilweise polemischen Vorwürfen unbekannter Dritter. Dies umso weniger, als diese Vorwürfe von anderen Mitgliedern des Forums durchaus kontrovers diskutiert wurden. Dass die Markeninhaberin Lizenzvereinbarungen mit Dritten abschließe, entspreche dem von ihr geltend gemachten Vereinsziel. Zum anderen sei es gerade der grundsätzliche Sinn und Zweck von Marken, Dritte von ihrer Nutzung auszuschließen, so dass die Geltendmachung entsprechender Verbietungsrechte sozusagen einen typischen Anwendungsfall einer Marke darstelle.
Der Vortrag des Antragstellers lasse darüber hinaus völlig unberücksichtigt, dass es hier nicht um die (möglicherweise) rechtsmissbräuchliche Geltendmachung einer anderen Marke gehe. Ausschlaggebend sei vielmehr, ob im Hinblick auf die verfahrensgegenständliche Marke bereits zum Anmeldezeitpunkt Bösgläubigkeit vorgelegen habe. Die bloße Vermutung des Antragstellers, es könne jedenfalls in der Zukunft im Zusammenhang mit dieser Marke zu wettbewerbswidrigen Handlungen kommen, helfe insoweit nicht weiter. Dass aus Marken in einer wettbewerbswidrigen Weise vorgegangen werde, könne grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden. Es bleibe daher nochmals darauf hinzuweisen, dass den Antragsteller im Löschungsverfahren wegen Bösgläubigkeit eine besondere Mitwirkungspflicht bzw. Obliegenheit zum Vortrag belastbarer Anhaltspunkte treffe.
Im vorliegenden Fall seien solche Anhaltspunkte für eine bösgläubig erfolgte Anmeldung der angegriffenen Marke aber nicht gegeben, so dass der angefochtene Beschluss der Markenabteilung auf die Beschwerde der Markeninhaberin antragsgemäß aufzuheben war.

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