Wenn sich ein Personenname zu einem „Fachbegriff“ entwickelt hat, ist er als Marke nicht eintragungsfähig

Unter anderem mit nachfolgender Begründung bestätigte der 27. Senat des BPatG (BPatG, Beschl. v. 13.04.2010, Az. 27 W (pat) 109/09 – TOMATIS-Methode) die Löschung der unter dem Az. 399464743 eingetragenen Wortmarke „TOMATIS-Methode“:

„Die streitgegenständliche Marke setzt sich zusammen aus dem Nachnamen des 2001 verstorbenen HNO-Arztes Alfred Tomatis, der eine nach ihm benannte Hörtherapie entwickelt hat, und dem bekannten Begriff „Methode“, als den man den Weg oder Gang einer Untersuchung bezeichnet (…).
Personennamen unterliegen in gleicher Weise wie sonstige Wortmarken der Prüfung auf absolute Schutzhindernisse. Insbesondere ist für eine Eintragung als Marke und den Verbleib im Markenregister erforderlich, dass dem Namen in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht jegliche Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt (…). Dabei gelten für die Beurteilung der Unterscheidungskraft von Marken, die aus einem Personennamen bestehen, dieselben Kriterien wie für alle anderen Kategorien von Marken (…).
Die von den beanspruchten Waren und Dienstleistungen hier angesprochenen Fachkreise, dies sind Mediziner und Fachpersonal sowie Patienten, die an einer Hörtherapie interessiert sind, werden die Marke in dem von der Markenabteilung aufgezeigten Sinn verstehen.
Dafür sprechen insbesondere die von der Antragstellerin im Amts- und Beschwerdeverfahren vorgelegten zahlreichen Unterlagen, die belegen, dass es sich bei der nach Tomatis benannten Hörtherapie um eine auf diesem Fachgebiet bekannte Therapie handelt. Den vorgelegten Unterlagen ist ebenfalls zu entnehmen, dass es zahlreiche Anbieter gibt, die eine Ausbildung auf diesem Sachgebiet anbieten.
So existieren in unterschiedlichen Städten in Deutschland bereits zahlreiche Tomatis-Institute.
Die Markeninhaberin hat im Übrigen im Beschwerdeverfahren selbst eingeräumt, sie benutze die Marke seit 2001 (dem Jahr der Eintragung) als Bezeichnung für Einrichtungen, in denen die von Dr. Tomatis entwickelte Therapieform zur Anwendung komme. Hieraus ergibt sich eine beschreibende Bedeutung der Marke für sämtliche beanspruchten Waren und Dienstleistungen, die ausnahmslos einen Bezug zu der Hörtherapie von Tomatis haben können.
Unerheblich ist der Vortrag der Markeninhaberin, sie habe die Tomatis-Marken mittelbar von Dr. Tomatis erworben und nur sie biete eine originale und besonders qualifizierte Ausbildung für die Tomatis-Therapie an. Ob ein Name rechtmäßig benutzt wird, spielt für die Unterscheidungskraft keine Rolle. Es kommt nur darauf an, ob die angesprochenen Verkehrskreise in dem Namen einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der betroffenen Waren/Dienstleistungen sehen oder nicht. Diesen Verkehrskreisen sind in der Regel weder die für eine Benutzungsberechtigung maßgeblichen tatsächlichen Verhältnisse bekannt, noch deren zutreffende rechtliche Bewertung möglich. Ob ein als Marke angemeldeter Name geeignet ist, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren/Dienstleistungen zu garantieren, kann somit nicht von einer bestehenden oder fehlenden Berechtigung des Markenanmelders zur Benutzung des Namens abhängen (…).
Die Unterscheidungskraft des Namens einer bekannten Persönlichkeit kann auch nicht aus dem Umstand abgeleitet werden, dass die Verwendung des Namens durch Dritte regelmäßig entgeltlich im Rahmen eines Lizenzverhältnisses erfolgt. Wenn die beteiligten Verkehrskreise in der Verwendung eines Namens keinen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren/Dienstleistungen, sondern lediglich auf die bekannte Persönlichkeit selbst sehen, wird diese Verkehrsauffassung nicht davon beeinflusst, ob und inwieweit der Namensträger für die Einwilligung zur geschäftlichen Benutzung seines Namens tatsächlich eine finanzielle Gegenleistung erhält oder nicht, was dem Publikum in der Regel ohnehin nicht bekannt ist (…).“

Das DPMA hatte die Löschung zuvor wie folgt begründet:

„Bei der „Tomatis-Methode “ handle es sich um eine von dem Arzt Dr. Alfred Tomatis entwickelte Hörtherapie. Wie die Antragstellerin durch Belege, z. B. den Beitrag aus der Zeitschrift „Kinderkrankenschwester“ aus dem Jahr 2000, der Publikation von Schiedeck „Die Auswirkungen des Tomatis-Gehörtrainings“, ebenfalls aus dem Jahr 2000, dem „Forum Logopädie“ von 2001, der Zeitschrift „Musik-, Tanzund Kunsttherapie“ von 1996, „pädiatrie hautnah“ von 2000, „HNO-Mitteilungen von 1996“ nachgewiesen habe, arbeiteten inzwischen zahlreiche Praxen und Institutionen nach dieser Methode. Diese sei also zum Zeitpunkt der Eintragung 2001 bereits ein Fachbegriff gewesen. Wie häufig bei Lehrmethoden und Therapien würden diese zwar ursprünglich auf eine bestimmte Person zurückgeführt, wie Freud, Feldenkrais, Tanztherapie nach Laban, Bewegungstherapie nach Dore Jacobs, Urschreitherapie nach Janov usw., jedoch arbeiteten heute nicht mehr nur die Schüler dieser Person oder ein bestimmtes von dem Urheber gegründetes Institut nach deren Lehren, sondern zahlreiche Praxen u. ä., die sich diese Erkenntnisse ebenfalls erworben hätten und nach den entwickelten Prinzipien handelten. Auch Rudolf Steiner und Maria Montessori hätten pädagogische Prinzipien entwickelt, die heute von zahlreichen Schulen und nicht nur von einer Institution fortgeführt würden. Diese Begriffe hätten sich von den ursprünglichen Personen gewissermaßen verselbständigt und wiesen nur noch abstrakt auf eine bestimmte Therapie oder Lehrmethode hin. Sie würden nicht mit einer bestimmten Person oder Institution in Verbindung gebracht werden.
Alle hier beanspruchten Waren und Dienstleistungen könnten in einem TomatisInstitut Verwendung finden oder der Durchführung einer Hörtherapie nach der Tomatis-Methode dienen, z. B. Lehr- und Unterrichtsapparate, Bücher und Zeitschriften zu dem Thema u. ä. Maßgeblich sei allein die Sicht der angesprochenen Fachkreise aus Medizin oder Psychologie bzw. Patienten und Laien, die sich für Therapieformen interessierten. Darauf, ob die Markeninhaberin die Rechte zur Führung des Namens erworben habe, komme es nicht an, da dies dem Publikum in der Regel nicht bekannt sein werde. Es würde sich lediglich darüber informieren, welche Praxis oder welches Institut Hörtherapien nach Tomatis anbiete, aber nicht, ob dies die Markeninhaberin sei. Der Begriff müsse auch nicht im allgemeinen Sprachgebrauch Verwendung finden, da es sich um eine spezielle Therapie handle und nur Personenkreise, die sich mit entsprechenden Methoden beschäftigten, angesprochen seien, aber keine breiten Verkehrskreise. Dass ein Nachweis in einem allgemeinen Lexikon fehle, führe noch nicht zur Schutzfähigkeit des Begriffs, da Fachkreise sowie interessierte und informierte Laien, auf die es hier ankomme, den Begriff kennen würden.

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