Bundespatentgericht (BPatG9, Beschl. v. 15.10.2008, Az. 26 W (pat) 67/07 – 3D-Flasche

Leitsatz

Die 3D-Form Bildbeschreibung ist betreffend die Waren „Glaswaren (soweit in Klasse 21 enthalten), Flaschen“ der Klasse 21 nicht eintragungsfähig.

Aus den Entscheidungsgründen

Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft dreidimensionaler Marken seien zwar keine strengeren Maßstäbe anzulegen als bei anderen Markenformen. Unbeschadet der rechtlichen Gleichbehandlung seien jedoch wesentliche tatsächliche Unterschiede zwischen Warenformmarken und sonstigen Markenkategorien zu beachten. Marken, die aus der Form der Ware bestehen, würden vom Verkehr tatsächlich nicht in gleicher Weise aufgefasst wie Wort- bzw. Bildmarken, weil der Durchschnittsverbraucher aus der Form der Ware gewöhnlich nicht auf die betriebliche Herkunft der Ware schließe. Deshalb begründe nach der nunmehr einschlägigen, zum Teil in den Anforderungen von den vorangegangenen Entscheidungen ande-rer Gerichte abweichenden höchstrichterlichen Rechtsprechung ein bloßes Abweichen von der Norm oder Branchenüblichkeit noch nicht die Unterscheidungskraft. Vielmehr weise eine solche Marke das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft nur dann auf, wenn sie von der Norm oder Branchenüblichkeit erheblich abweiche. Die entsprechenden Abweichungen müssten für den Verkehr ohne besondere Aufmerksamkeit und ohne analysierende und vergleichende Betrachtung zu erkennen sein.

Davon könne bei der angemeldeten Marke, wenn sie für Flaschen oder Glaswaren der Klasse 21 (die oberbegrifflich ebenfalls Flaschen umfassen) verwendet werde, nicht ausgegangen werden. Angesichts der Tatsache, dass das Warenverzeichnis der angemeldeten Marke einschränkungslos alle Arten von Flaschen für alle Arten von Getränken und anderen Flüssigkeiten umfasse, sei der Prüfung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG im vorliegenden Fall der gesamte feststellbare Flaschenformenschatz zugrunde zu legen. Hiervon ausgehend weise die angemeldete Flaschenform bei Heranziehung der von der Markenstelle ermittelten und insbesondere der von der Anmelderin selbst eingeräumten und als Anlage zu ihrem Schriftsatz vom 13.01.2006 belegten Flaschenformen Dritter auch bei der gebotenen großzügigen Betrachtungsweise nicht das erforderliche Minimum an betrieblicher Unterscheidungskraft auf. Hierbei könne dahingestellt bleiben, ob es sich bei ihr um eine formschöne Designerflasche handelt. Denn ihr fehlt angesichts des Umstands, dass es in den letzten Jahren zunehmend üblich geworden ist, Getränke in unterschiedlichste, zum Teil ebenfalls von Designern entworfene Flaschen abzufüllen, von denen nicht wenige ebenfalls eine bewusst schlichte, leicht bauchig anmutende Form aufweisen, die Fähigkeit, von Haus – ohne weitere unterscheidende Merkmale – auf die Herkunft von Flaschen aus einem bestimmten Unternehmen hinzuweisen und die Flaschen ihrer betrieblichen Herkunft nach zu unterscheiden. Aber selbst dann, wenn zu Gunsten der Anmelderin bei der Prüfung nur von dem bei Mineralwasserflaschen feststellbaren Formenschatz ausgegangen würde, könnte die für eine Bejahung der Unterscheidungskraft notwendige erhebliche Abweichung der angemeldeten Marke von den bereits in Benutzung befindlichen Mineralwasserflaschen nicht festgestellt werden. Auch Mineralwässer würden längst nicht mehr ausschließlich in der als „Brunnenflasche“ bezeichneten Pfandeinheitsflasche vertrieben, sondern insbesondere für die Gastronomie in einer Vielzahl von Designerflaschen angeboten, die – wie z. B. die von der Anmelderin selbst angeführte Flaschen, in denen das Mineralwasser der Marken „Apollinaris“ bzw. „Gerolsteiner“ vertrieben werde – in ihren schlichten, nach unten zu leicht bauchigen Grundformen der angemeldeten Marke nicht unähnlich seien. Von diesen und anderen bereits auf dem Markt anzutreffenden Designerflaschen unterscheide sich die angemeldete Flaschenform aus Sicht der Durchschnittskäufer in zu unauffälligen und zu wenig einprägsamen Nuancen. Die bewusst einfache Gestalt der angemeldeten Flaschenform möge zwar aus der Sicht eines Flaschendesigners ansprechend sein, weise jedoch eben keine besonderen, ins Auge springenden Gestaltungselemente auf, die für den Durchschnittskäufer von Flaschen und Glaswaren einen sofort erfassbaren, eindeutigen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Flaschen geben könnten. Aus der Eintragung ähnlicher dreidimensionaler, aus der Form einer Flasche bestehender Marken durch das Deutsche Patent- und Markenamt könne die Anmelderin keinen Anspruch auf Eintragung ihrer Marke herleiten, weil die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung des Patentamts über das Vorliegen von Schutzhindernissen nur nach der Bestimmung des § 8 MarkenG und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis des Amtes zu beurteilen sei. Bei dieser Sachlage müsse der Beschwerde der Anmelderin der Erfolg versagt bleiben.

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