Bundespatentgericht (BPatG), Beschl. v. 21.07.2008, Az. 30 W (pat) 86/06 – OXX/OCS

Leitsatz
  1. Das Widerspruchsverfahren ist nicht wegen eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Markeninhaberin gemäß § 240 ZPO unterbrochen, da dessen Eröffnung durch den Beschluss des Amtsgerichts Konstanz vom 12.12.2005 abgewiesen worden ist.
  2. Die Waren „Biere; alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)“ und „Präparate für die Gesundheitspflege, nämlich Vitaminpräparate; alkoholfreie diätetische Getränke für medizinische Zwecke; Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke auf der Basis von Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen; Milchgetränke, insbesondere diätetische Milchgetränke; Nahrungsergänzungsmittel auf der Basis von Proteinen, Nahrungsergänzungsmittel auf der Basis von Getreide und/oder Kohlenhydraten und/oder Meeresalgen und/oder Hefe und/oder Bioflavonoiden; alkoholfreie Getränke“ sind zumindest ähnlich, wobei der Ähnlichkeitsgrad bei den Nahrungsergänzungsmitteln/Vitaminpräparaten eher stärker, bei den Milchgetränken eher weniger stark ausgeprägt ist, auch wenn diese als alkoholische Mischgetränke auf dem Markt sind.
  3. Zwischen den Waren und Dienstleistungen „Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Dienstleistungen bezüglich Freizeitgestaltung“ und „Präparate für die Gesundheitspflege, nämlich Vitaminpräparate; alkoholfreie diätetische Getränke für medizinische Zwecke; Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke auf der Basis von Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen; Milchgetränke, insbesondere diätetische Milchgetränke; Nahrungsergänzungsmittel auf der Basis von Proteinen, Nahrungsergänzungsmittel auf der Basis von Getreide und/oder Kohlenhydraten und/oder Meeresalgen und/oder Hefe und/oder Bioflavonoiden; alkoholfreie Getränke; Dienstleistungen auf dem Gebiet der Ernährungsberatung“ besteht keine Ähnlichkeit.
  4. Die Verwechslungsgefahr muss auf die naheliegenden und typischen Lautwiedergaben beschränkt werden, weil sich auch nur darauf der Schutzumfang der Widerspruchsmarke beziehen kann.
  5. Die Wortmarken „OXX“ und „OCS“ sind – auch klanglich – nicht ähnlich.

Aus den Entscheidungsgründen

Das Widerspruchsverfahren sei nicht wegen eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Markeninhaberin gemäß § 240 ZPO unterbrochen, da dessen Eröffnung durch den Beschluss des Amtsgerichts Konstanz vom 12.12.2005 abgewiesen worden sei.

Die Markenstelle habe nach Auffassung des Senats die Gefahr von Verwechslungen zwischen den Marken zutreffend verneint und den Widerspruch zu Recht zurückgewiesen.

Hinsichtlich der Benutzungslage der Widerspruchsmarke sei festzustellen, dass die entsprechende Einrede der Markeninhaberin vom 12.2.2004 nicht gegen „Bier, alkoholische Getränke (ausgenommen Bier)“ und die Dienstleistungen der Widerspruchsmarke („Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Dienstleistungen bezüglich Freizeitgestaltung“) gerichtet war, sondern nur gegen die verbleibenden alkoholfreien Getränke („Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken“), hinsichtlich derer die Widersprechende allerdings keinerlei Benutzungsunterlagen eingereicht habe.

Damit stünden den Waren der angegriffenen Marke („Präparate für die Gesundheitspflege, nämlich Vitaminpräparate; alkoholfreie diätetische Getränke für medizinische Zwecke; Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke auf der Basis von Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen; Milchgetränke, insbesondere diätetische Milchgetränke; Nahrungsergänzungsmittel auf der Basis von Proteinen, Nahrungsergänzungsmittel auf der Basis von Getreide und/oder Kohlenhydraten und/oder Meeresalgen und/oder Hefe und/oder Bioflavonoiden; alkoholfreie Getränke“) zumindest ähnliche Waren („Bier, alkoholische Getränke [ausgenommen Bier])“gegenüber, wobei der Ähnlichkeitsgrad bei den Nahrungsergänzungsmitteln/Vitaminpräparaten eher stärker, bei den Milchgetränken eher weniger stark ausgeprägt sei, auch wenn diese als alkoholische Mischgetränke auf dem Markt seien; hingegen sehe der Senat keine Ähnlichkeit zwischen den verbleibenden Waren und Dienstleistungen der Vergleichsmarken, so dass der Widerspruch insoweit schon deshalb erfolglos bleiben musste: „Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Dienstleistungen bezüglich Freizeitgestaltung“ hätten weder mit den „Dienstleistungen auf dem Gebiet der Ernährungsberatung“ noch mit den Waren der angegriffenen Marke („Präparate für die Gesundheitspflege, nämlich Vitaminpräparate; alkoholfreie diätetische Getränke für medizinische Zwecke; Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke auf der Basis von Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen; Milchgetränke, insbesondere diätetische Milchgetränke; Nahrungsergänzungsmittel auf der Basis von Proteinen, Nahrungsergänzungsmittel auf der Basis von Getreide und/oder Kohlenhydraten und/oder Meeresalgen und/oder Hefe und/oder Bioflavonoiden; alkoholfreie Getränke“) hinreichende Berührungspunkte.

Auch wenn bei enger Warenähnlichkeit die Anforderungen an den Markenabstand eher erhöht seien, werde er von der angegriffenen Marke eingehalten. Bei der Beurteilung der Markenähnlichkeit stehe zwischen den Beteiligten im Grunde außer Streit, dass die Marken in ihren Buchstaben neben dem identischen „O“ im Übrigen deutliche Unterschiede aufweisen würden, wobei der Doppelkonsonant besonders optisch auffällig sei, was auch bei einem flüchtigen Verhalten nicht übersehen werden könne.

Selbst wenn man auf die besondere Bedeutung übereinstimmender Wortanfänge abstelle, wogegen Endungen schnell untergehen könnten, so greife dies im vorliegenden Fall nicht durch, da die Vergleichsmarken so kurz seien, dass schon gravierende Ähnlichkeiten im Schrift- oder Klangbild vorliegen müssten, um eine Verwechslungsgefahr anzunehmen. Hier seien die Unterschiede deutlich wahrzunehmen, wobei der Klangeindruck der angegriffenen Marke durch die zwei weiteren Buchstaben mitbestimmt werde, so dass ein Verschlucken oder Überhören äußerst unwahrscheinlich sei. Selbst wenn man von einer Aussprache der Widerspruchsmarke in ihren Einzelbuchstaben ausgehen würde, blieben die Unterschiede der letzten beiden Buchstaben doch unverkennbar.

Eine die Verwechslungsgefahr begründende Markenähnlichkeit wäre nur denkbar, wenn man die angegriffene Marke als Wort wie „Ochs’ “ aussprechen würde. Für eine solche Lautvariante müssten jedoch handfeste Indizien vorliegen, weil nicht jede nur denkbare Aussprache berücksichtigt werden könne. Vielmehr müsse die Verwechslungsgefahr auf die naheliegenden und typischen Lautwiedergaben beschränkt werden, weil sich auch nur darauf der Schutzumfang der Widerspruchsmarke beziehen könne. Eine Aussprache wie „Ochs“ sei hier aber nicht nahegelegt. Zwar fehle hierfür nur der Buchstabe „h“, der aber nicht einfach hinzugedacht werden könne. Vielmehr präsentiere sich die angegriffene Marke dem einheimischen Verbraucher aufgrund ihrer im Deutschen völlig unüblichen Buchstabenfolge als bloße Abkürzung, zumal der Sinngehalt von „Ochse“ völlig fernliege. Ungeachtet dessen könne selbst eine osteuropäisch eingefärbte Wiedergabe, etwa „Otsch“ oder „Osch“, mangels näherer Hinweise aus der Marke oder ihrer Inhaberin nicht angenommen werden; aber auch dann müsste eine Verwechslungsgefahr der Lautfolgen, bei denen Unterschiede wegen ihrer Kürze stärker ins Gewicht fallen, abgelehnt werden.

Share