Sind identische oder ähnliche Markeneintragungen des Harmonisierungsamtes, in Mitgliedstaaten der EU oder im übrigen Ausland von deutschen Gerichten zu berücksichtigen?

Mit dieser Frage beschäftigte sich der 29. Senat des Bundespatentgerichts (BPatG) und ließ nun die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof (BGH) zu (BPatG, Beschl. v. 12.05.2010, Az. 29 W (pat) 101/10 – strategy circle). In den Entscheidungsgründen heißt es wie folgt:

„Die Rechtsbeschwerde wird gemäß § 83 Abs. 2 MarkenG zugelassen, weil der vorliegende Fall im Hinblick auf den Beschluss des Xa. Senats des Bundesgerichtshofs vom 15. April 2010 (…), mit dem im Bereich des Patentrechts entschieden worden ist, dass die deutschen Gerichte Entscheidungen, die durch die Instanzen des Europäischen Patentamts oder durch Gerichte anderer Vertragsstaaten des Europäischen Patentübereinkommens ergangen sind und eine im Wesentlichen gleiche Fragestellung betreffen, zu beachten und sich gegebenenfalls mit den Gründen auseinanderzusetzen zu hätten, die bei der vorangegangenen Entscheidung zu einem abweichenden Ergebnis geführt haben (…), die Frage aufwirft, ob diese Vorgehensweise auch im Bereich des Markenrechts bei identischen oder ähnlichen Eintragungen fremdsprachiger Marken durch das Harmonisierungsamt, in Mitgliedstaaten der EU oder im übrigen Ausland geboten ist.
Bis zu seiner Entscheidung am 4. Dezember 2008 (…), in welcher er auf die beiden Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 12. Februar 2004 (…) Bezug nimmt, hat der I. Zivilsenat in ständiger Rechtsprechung die Rechtsauffassung vertreten, dass der Eintragung identischer oder ähnlicher fremdsprachiger Marken durch das HABM oder in anderen Ländern zwar keine rechtliche Bindung, aber zumindest eine Indizwirkung zuzumessen sei (…), es sei denn, das Markenwort habe als Fremdwort Eingang in die deutsche Sprache gefunden und das Freihaltebedürfnis müsse nach dem Sprachsinn und nach der Bedeutung des Fremdworts in Deutschland beurteilt werden (…).
Von dieser grundsätzlichen Indizwirkung ist er aber in seiner Entscheidung vom 4. Dezember 2008 (…) ohne weitere Begründung nicht mehr ausgegangen.
Ein ausdrückliches Abrücken von der vorhergehenden Ansicht ergab sich daraus nicht. Aufgrund der bereits dargestellten Entscheidung des Xa. Zivilsenats ergab sich für den Senat nunmehr die Frage, ob identische oder ähnliche Markeneintragungen des Harmonisierungsamtes, in Mitgliedstaaten der EU oder im übrigen Ausland von deutschen Gerichten zu berücksichtigen sind. Dies bedarf einer höchstrichterlichen Klärung.“

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