Bundespatentgericht (BPatG), Beschl. v. 23.09.2008, Az. 27 W (pat) 118/07 – LSA Profil

Leitsatz

Die Wortmarke "LSA Profil" ist betreffend die Waren "Verbindungselemente für Kommunikations- und Datennetze, nämlich mit elektrischen Kontakten versehene Anschluss-, Trenn und Schaltleisten, Anschlussdosen; Kabelführungen und -abfan­gungen, Verbindungskabel und -schnüre, Lichtwellenleiter, Stecker, Steckverbinder, Leiterplattensteckverbinder, Lichtwellen­leiterkupplungen, Schutzmagazine und – elemente, Schirmab­fangungen, Abdeckstreifen, Anschlussteile, -gestelle, Profilstan­gengestelle und Gehäuse für die vorgenannten Verbin­dungselemente, insbesondere zur Verwendung in Haupt- und Nebenverteileranlagen, Kabelverzweigern, Verzweigungspunkten und Endverschlüssen; Einschübe für Gehäuse; optische und elektronische Bauelemente und Geräte (soweit in Klasse 9 enthalten), Modems und Datenverarbeitungsprogramme (soweit in Klasse 9 enthalten) für Kommunikations- und Datennetze" der Klasse 09 mit der Folge unterscheidungskraftig, dass sie nicht zu löschen ist.

Aus den Entscheidungsgründen

Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Löschung der angegriffenen Marke gemäß §§ 54, 50 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 10 MarkenG werde zurückgewiesen.

Der Senat teile auch die Einschätzung der Markenabteilung, dass ein Lö­schungsgrund fehlender Unterscheidungskraft (§ 50 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) nicht vorliege.

Die Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG gehe auf die Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b) der Ersten Richtlinie des Rates der EG Nr. 89/104 zur An­gleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken zurück, der wiederum mit Art. 7 Abs. 1 Buchst. b) GMV wortidentisch sei. Da die Auslegung der vorgenannten europarechtlichen Normen nach Art. 234 EGV allein dem Europäischen Gerichtshof vorbehalten sei, sei auch für die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der „Unterscheidungskraft“ in § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ausschließlich dessen Rechtsprechung maßgeblich und für alle nationalen Gerichte bindend. Danach sei für die Beurteilung, ob einer angemeldeten Bezeichnung die erforderliche Unterscheidungskraft fehle, auf die Hauptfunktion einer Marke abzustellen, derzufolge diese den Abnehmern die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienst­leistungen garantieren solle, indem sie es ihnen ermögliche, diese ohne Ver­wechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unter­scheiden. Unter Berücksichtigung des Allgemeininteresses an der nicht ungerechtfertigten Einschränkung der Verfügbarkeit der angemeldeten Kennzeichnung für die anderen Wirtschaftsteilnehmer, die entsprechende Waren oder Dienstleistungen anbieten würden, sei deshalb die Unterscheidungskraft einer angemeldeten Bezeichnung zu verneinen, wenn diese nicht geeignet sei, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, in der Anschauung ihrer durchschnittlich informierten, aufmerk­samen und verständigen Abnehmer als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.

Dies sei bei der vorliegend zu beurteilenden angemeldeten Kennzeichnung nicht der Fall, weil nicht feststellbar sei, dass sie zum Zeitpunkt ihrer Eintragung und zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag nur einen im Vordergrund stehenden, die beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreibenden Begriffsinhalt habe. Zwar reiche hierfür aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handele, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen könne; dies gelte auch für ein zusam­mengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen bestehe, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind, sofern das Gesamtzeichen infolge einer ungewöhnlichen Veränderung – etwa syntaktischer oder semantischer Art – nicht hinreichend weit von der bloßen Zusammenfügung ihrer schutzunfähigen Bestandteile abweiche. Diese Voraussetzungen seien aber nach den getroffenen Feststellungen nicht erfüllt.

Zwar sei davon auszugehen, dass der Markenbestandteil „LSA“ als „löt-, schraub- und abisolierfrei“ den angesprochenen Verkehrskreisen, bei denen es sich um Fachleute handele, verständlich sei. Dies entspreche den von der An­tragstellerin bei Antragstellung vorgelegten Belegen insbesondere aus Abkür­zungsverzeichnissen und werde auch von der Markeninhaberin im Beschwer­deverfahren nicht in Abrede gestellt.

Allerdings lasse sich anhand der vorgelegten Belege nicht ermitteln, dass auch der weitere Bestandteil „Profil“ von einer nicht nur unerheblichen Zahl der Abnehmer nur als warenbeschreibend verstanden werde.

Entgegen der Ansicht der Inhaberin der angegriffenen Marke komme es hierbei aber nicht darauf an, ob es ein „löt-, schraub- und abisolierfreies Profil“ gebe; vielmehr würde die Unterscheidungskraft der angegriffenen Marke schon dann entfallen, wenn die beanspruchten Waren zwei unterschiedliche Merkmale aufweisen würden, von denen eines (was zwischen den Beteiligten nunmehr außer Streit stehe) mittels „LSA“ als „löt-, schraub- und abisolierfrei“ und ein anderes mit dem Begriff „Profil“ beschrieben werde, sofern die Kombination beider Begriffe keinen über die bloße Addition zweier beschreibender Sachbedeutungen hinausgehen­den abweichenden Gesamtbegriff ergebe. Der erste Markenteil müsse also nicht zwangsläufig allein eine adjektivische Einschränkung des zweiten Begriffs sein, vielmehr reiche es aus, wenn die Abnehmer die Marke als (beschreibende) Benennung zweier verschiedener Merkmale der beanspruchten Waren verstünden.

Dies lasse sich aber nach den vorgelegten Unterlagen nicht feststellen. Auch wenn die beanspruchten Waren (unstreitig) löt-, schraub- und abisolierfrei sein können, so dass der angesprochene Fachverkehr dem Markenteil „LSA“ nur eine warenbeschreibende Bedeutung entnehme, bedeute dies nicht, dass dies auch bei dem weiteren Bestandteil „Profil“ der Fall sei. Zwar stehe der Begriff „Profil“, der verschiedene Bedeutungen haben könne u. a. auch für „charakteristisches Erscheinungsbild, Gesamtheit von (positiven) Eigenschaften, die unverwechselbar typisch für etwas sind, Längs- od. Querschnitt u. Umriss, vorgeformtes Bauteil verschiedenen Querschnitts“; in dieser für sich genommen nichts sagenden Allgemeinheit werde der Fachverkehr dem Begriff aber in Zu­sammenhang mit den hier zu betrachtenden Waren kaum eine bestimmte oder zumindest bestimmbare Bedeutung entnehmen können, aufgrund derer er geneigt sei, diesem Begriff, wenn er ihn zusammen mit den beanspruchten Waren wahrnehme, nur einen warenbeschreibenden Sinn zu entnehmen. Etwas Anderes ergebe sich auch nicht aus den von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen, bei denen es sich weitgehend um Produktbeschreibungen der Markeninhaberin han­dele; zwar werde dort beispielsweise ausdrücklich davon gesprochen, dass die Anschluss-, Trenn- und Erddrahtleisten ein – näher definiertes – „Profil“, einen „Profilabstand“ oder einen „Profilrahmen“ aufweisen würden, aus „Profilstangen“ bestünden, eine „Profilstan­gen-Bauweise“ ermöglichten oder ein „Profilgestell“ hätten. Auch die Patentschrift EP 0 304 393 A2 der Markeninhaberin stelle bei der Angabe der Aufgabenlösung maßgeblich auf das (näher bezeichnete) Profil der verwendeten Profilschienen ab. In allen diesen Fällen sei es aber erforderlich, den Begriff „Profil“ mit konkreten weiteren Aussagen zu verbinden, wodurch sich erst bei dem angesprochenen Verkehr eine bestimmte konkrete beschreibende Bedeutung einstelle; ohne diese zusätzlichen Angaben bestehe für ihn demgegenüber kein Anlass, dem für sich genommenen nichts­sagenden Begriff „Profil“ eine bloße beschreibende Bedeutung für die gekenn­zeichneten Waren zu entnehmen. Damit werde in Form eines „sprechenden Zeichens“ zwar ein bestimmtes Merkmal der gekennzeichneten Waren angedeutet (weswegen dem Gesamtzeichen, das mit dem Bestandteil „LSA“ einen eindeutig erkennbaren beschreibenden Begriff enthalte, nur eine am untersten Rand liegende Kennzeichnungskraft zuzubilligen sei), wegen seiner Vagheit und Unbestimmtheit könne dem Bestandteil „Profil“ aber die Eignung, die gekennzeichneten Waren (auch) nach ihrer Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen zu kennzeichnen, aber nicht völlig abgesprochen werden. Dies werde auch in den vorgelegten Unterlagen der Anmelderin selbst deutlich, denn soweit er dort zusammen mit dem weiteren Bestandteil „LSA“ verwendet werde, werde der Verkehr schon wegen der sich aus dem beschreibenden Text heraushebenden Schreibweise des Ge­samtzeichens eher dazu neigen, diesem eine herkunftshinweisende Bedeutung zu entnehmen und es damit als Marke anzusehen.

Da sich somit ein bloß warenbeschreibender Sinngehalt der Gesamtmarke nicht feststellen lasse, so dass ihr die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden könnw und die Markenabteilung aus diesem Grund den Löschungsantrag der Antragstellerin zu Recht zurück­gewiesen hatte, sei ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde der Erfolg zu ver­sagen gewesen.

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