Bundespatentgericht (BPatG), Beschl. v. 28.10.2008, Az. 33 W (pat) 105/06 – Vierlinden

Leitsatz
  1. Die Wortmarke „Vierlinden“ ist für Dienstleistungen der Klasse 35 nicht eintragungsfähig, da es sich um eine freihaltebedürftige geografische Herkunftsangabe handelt.
  2. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG verbietet die Eintragung von geografischen Bezeichnungen als Marke nicht nur, wenn sie bestimmte geografische Orte bezeichnen, die für die betroffenen Warengruppen bereits berühmt oder bekannt sind und die daher von den beteiligten Verkehrskreisen, also von Handel und Durchschnittsverbraucher, in dem beanspruchten Gebiet mit dieser Warengruppe in Verbindung gebracht werden. Vielmehr müssen auch geografische Bezeichnungen, die von Unternehmen verwendet werden können, für die vernünftigerweise also für die Zukunft zu erwarten ist, dass sie mit der betreffenden Warengruppe in Verbindung gebracht werden, als geografische Herkunftsangaben für diese freigehalten werden.
  3. Diese vom EuGH aufgestellten und aufgrund der Harmonisierung des Markenrechts durch die MarkenRL auch für nationale Marken in der Europäischen Gemeinschaft anzuwendenden Kriterien gelten nicht nur für Waren, sondern in gleicher Weise für Dienstleistungen.

Aus den Entscheidungsgründen

Namentlich an der Freihaltung von Zeichen oder Angaben, die zur Bezeichnung der geografischen Herkunft der Waren dienen können, bestehe ein Allgemeininteresse, das insbesondere darauf beruhe, dass diese Zeichen oder Angaben nicht nur die Qualität und andere Eigenschaften der betroffenen Warengruppen anzeigten, sondern auch die Vorlieben der Verbraucher in anderer Weise, etwa dadurch beeinflussen könnten, dass diese eine Verbindung zwischen den Waren und einem Ort herstellten, mit dem sie positiv besetzte Vorstellungen verbinden würden. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG verbiete die Eintragung von geografischen Bezeichnungen als Marke nicht nur, wenn sie bestimmte geografische Orte bezeichnen würden, die für die betroffenen Warengruppen bereits berühmt oder bekannt seien und die daher von den beteiligten Verkehrskreisen, also von Handel und Durchschnittsverbraucher, in dem beanspruchten Gebiet mit dieser Warengruppe in Verbindung gebracht würden. Vielmehr müssten auch geografische Bezeichnungen, die von Unternehmen verwendet werden könnten, für die vernünftigerweise also für die Zukunft zu erwarten sei, dass sie mit der betreffenden Warengruppe in Verbindung gebracht würden, als geografische Herkunftsangaben für diese freigehalten werden. Diese vom EuGH aufgestellten und aufgrund der Harmonisierung des Markenrechts durch die MarkenRL auch für nationale Marken in der Europäischen Gemeinschaft anzuwendenden Kriterien würden nicht nur für Waren, sondern in gleicher Weise für Dienstleistungen gelten.

Das angemeldete Markenwort „Vierlinden“ stelle einen Ortsnamen dar, mit dem zumindest zwei Orte in Deutschland benannt werden würden.

Bereits die Markenstelle habe „Vierlinden“ als den Namen einer Neugemeinde bei Seelow mit ca. 1600 Einwohnern und einigen Handelsbetrieben belegen können, in der neben Landwirtschaft mit biologischem Anbau auch Dienstleistungen der angemeldeten Art, insbesondere Lebensmittel- und Getränkehandel erbracht würden. Hinzu komme aber auch der Stadtteil Vierlinden im Duisburger Stadtbezirk Walsum, der laut Wikipedia 12 814 Einwohner habe und schon von daher mehr noch als die Gemeinde Vierlinden bei Seelow eine Angabe über den Erbringungsort der beanspruchten Handelsdienstleistungen darstelle.
Damit bestehe die angemeldete Marke „Vierlinden“ ausschließlich aus einer Angabe, die im Verkehr zur Bezeichnung des Ortes der Erbringung der Dienstleistungen dienen könne. Die Anmeldemarke sei daher nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Angesichts der belegten Existenz von Lebensmitteleinzelhändlern und -märkten könne bereits von einem gegenwärtig bestehenden Freihaltungsbedürfnis ausgegangen werden, vor allem soweit es (Einzel-)Handelsdienstleistungen im Bereich von Lebensmitten, insbesondere Lebensmittel aus ökologischem Anbau, alkoholischen und nichtalkoholischen Getränken, insbesondere aus ökologischer Produktion betreffe. Jedenfalls aber sei ein so genanntes zukünftiges Freihaltungsbedürfnis anzunehmen. Denn Waren wie Lebensmittel und Getränke, auch solche aus ökologischer Produktion, Haushaltswaren, Drogerieartikel, Spielwaren, Bekleidungsartikel, Schreibwaren seien Konsumartikel des täglichen Bedarfs und würden in Deutschland auch in kleineren Ortschaften, erst recht aber in dicht besiedelten Stadtteilen großer Städte wie Duisburg, gehandelt. Selbst in Orten, in denen aktuell keine entsprechenden Handelsbetriebe bestehen würden, sei jederzeit mit der Ansiedlung eines entsprechenden Geschäfts oder der Belieferung durch Versand- oder fahrende Händler zu rechnen.

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