Bundespatentgericht (BPatG), Beschl. v. 14.10.2008, Az. 24 W (pat) 66/07 – babyRuf

Leitsatz
  1. Die Wortmarke „babyRuf“ ist für die Waren „Babyüberwachungsgeräte und -anlagen (elektrisch)“ der Klasse 9 mangels Unterscheidungskraft nicht eintragungsfähig.
  2. Nicht jede begriffliche Unbestimmtheit begründet die markenrechtlich erforderliche Unterscheidungskraft. Für den Durchschnittsverbraucher, der erfahrungsgemäß Kennzeichen so aufnimmt, wie sie ihm entgegentreten, ohne sie einer näheren analysierenden Betrachtung zu unterziehen, besteht in der Regel kein Anlass für semantische Differenzierungen und linguistische Bewertungen. Vielmehr wird er auch neue und sprachregelwidrige, aber für ihn gleichwohl verständliche Sachaussagen durchaus als solche und deshalb nicht als betriebliche Herkunftshinweise auffassen. Außerdem setzt eine beschreibende Bedeutung als Sachangabe nicht voraus, dass die Angabe bereits feste begriffliche Konturen erlangt und sich eine einhellige Auffassung des Verkehrs zu ihrem Sinngehalt herausgebildet hat.
  3. Die Verwendung einzelner Großbuchstaben innerhalb eines Wortes gehört zu den werbeüblichen Schriftformen, die keinen schutzbegründenden Überschuss bewirken.
  4. Die im Einzelfall zu treffende „gebundene“ Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer angemeldeten Marke hat ausschließlich durch eine Prüfung der Vereinbarkeit des jeweiligen Sachverhalts mit den gesetzlich bestimmten Schutzhindernissen unter Berücksichtigung der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zu erfolgen. Vorentscheidungen inländischer oder ausländischer Behörden oder Gerichte kommt insoweit keinerlei verbindliche Bedeutung zu.

Aus den Entscheidungsgründen

Bei der Feststellung der Unterscheidungskraft sei zu berücksichtigen, dass der Verkehr daran gewöhnt sei, im Geschäftsleben ständig mit neuen Begriffen konfrontiert zu werden, durch die ihm sachbezogene Informationen lediglich in einprägsamer Form übermittelt werden sollen. Ebenso sei bekannt, dass sich solche Wortneubildungen häufig nicht an grammatikalischen Regeln oder korrektem Sprachstil orientieren würden. Für den Durchschnittsverbraucher, der erfahrungsgemäß Kennzeichen so aufnimmt, wie sie ihm entgegentreten, ohne sie einer näheren analysierenden Betrachtung zu unterziehen, bestehe in der Regel kein Anlass für semantische Differenzierungen und linguistische Bewertungen. Vielmehr werde er auch neue und sprachregelwidrige, aber für ihn gleichwohl verständliche Sachaussagen durchaus als solche und deshalb nicht als betriebliche Herkunftshinweise auffassen. Außerdem setze eine beschreibende Bedeutung als Sachangabe nicht voraus, dass die Angabe bereits feste begriffliche Konturen erlangt und sich eine einhellige Auffassung des Verkehrs zu ihrem Sinngehalt herausgebildet habe. Demnach begründe nicht jede begriffliche Unbestimmtheit die markenrechtlich erforderliche Unterscheidungskraft. So können auch relativ vage und allgemeine Angaben als verbraucherorientierte Sachinformationen zu bewerten sein, insbesondere wenn sie sich auf umfängliche und übergreifende Sachverhalte beziehen würden. Vor allem bei Oberbegriffen oder Sammelbezeichnungen sei eine gewisse Allgemeinheit und Unschärfe sogar unvermeidbar, um den gewünschten möglichst weiten Bereich waren- oder dienstleistungsbezogener Eigenschaften beschreibend erfassen zu können. In Beachtung dieser Grundsätze könne der angemeldeten Marke die erforderliche Unterscheidungskraft nicht zugesprochen werden.

Auch die graphische Gestaltung der angemeldeten Marke vermöge den rein beschreibenden Charakter der Angabe „babyRuf “ nicht zu verändern. Die Verwendung einzelner Großbuchstaben innerhalb eines Wortes gehöre nämlich zu den werbeüblichen Schriftformen, die keinen schutzbegründenden Überschuss bewirken würden.

Schließlich erweise sich auch der Hinweis des Anmelders auf den gegenteiligen Beschluss der 4. Beschwerdekammer des HABM vom 12.12.2005 als unbehelflich. Die im Einzelfall zu treffende „gebundene“ Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer angemeldeten Marke habe ausschließlich durch eine Prüfung der Vereinbarkeit des jeweiligen Sachverhalts mit den gesetzlich bestimmten Schutzhindernissen unter Berücksichtigung der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zu erfolgen. Vorentscheidungen inländischer oder ausländischer Behörden oder Gerichte kommt insoweit keinerlei verbindliche Bedeutung zu. Abgesehen davon sei nicht zu verkennen, dass die zur Begründung einer markenrechtlichen Schutzfähigkeit der Angabe „babyRuf “ angestellten Erwägungen des HABM sich im Wesentlichen auf eine theoretische linguistische Interpretation der Verbindung der Begriffe „Baby“ und „Ruf “ beschränken würde. Dagegen lasse sich diesem Beschluss nicht entnehmen, ob und inwieweit – unter berücksichtigung bereits erfolgter Verwendungsbeispiele – eine Auseinandersetzung mit der vom erkennenden Senat als in erster Linie entscheidungserheblich angesehenen tatsächlichen Verkehrsauffassung zu diesem Gesamtbegriff erfolgt sei.

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