Bundespatentgericht (BPatG), Beschl. v. 01.09.2008, Az. 25 W (pat) 75/06 – Bild/bildpool
Leitsatz
- Bei der Prüfung der Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren und Dienstleistungen kommt es insbesondere darauf an, ob der Verkehr (bei gleicher Kennzeichnung) erwartet, dass die beiderseitigen Waren und Dienstleistungen unter der Kontrolle desselben Unternehmens hergestellt oder vertrieben bzw. erbracht werden, welches für ihre Qualität verantwortlich ist.
- Die im Rahmen eines Warenherstellungsprozesses erfolgenden Tätigkeiten rechtfertigen, auch wenn sie im geschäftlichen Verkehr als selbständige Dienstleistungen durch und für Dritte erbracht werden können, die Annahme einer Ähnlichkeit mit dem unter Markenschutz stehenden Endprodukt nur dann, wenn die beteiligten Verkehrskreise in entscheidungserheblichem Umfang davon ausgehen, dass Warenhersteller und Dienstleistungsunternehmen sich jeweils auch auf dem anderen Gebiet eigenständig gewerblich betätigen. Die bloße Möglichkeit von Fehlvorstellungen über irgendwelche Zusammenhänge wirtschaftlicher oder organisatorischer Art reicht nicht aus.
- Die Waren und Dienstleistungen „Filmapparate und -instrumente, Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger; Materialbearbeitung; digitale Bildbearbeitung, elektronische Datenverarbeitung und Konvertierung von Daten oder Dokumenten von physischen auf elektronische Medien, insbesondere die Herstellung und Bearbeitung von Filmen, die Überlassung von Filmteams und Technik, die Erbringung von Beratungsleistungen und der Handel mit medienbezogenen Verwertungsrechten sowie der Verleih und die Vermietung von Sportbooten“ und „Zeitungen“ sind, auch wenn die Widerspruchsmarke für die Ware „Zeitungen“ aufgrund einer langjährigen umfangreichen Benutzung eine erhöhte Kennzeichnungskraft aufweist, nicht ähnlich.
Aus dem Sachverhalt
In einem Widerspruchsverfahren standen sich die für die Ware „Zeitungen“ eingetragenen farbige Wort-/Bildmarke „Bild UNABHÄNGIG ÜBERPARTEILICH“sowie die für die Waren und Dienstleistungen „„Filmapparate und -instrumente, Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger; Materialbearbeitung; digitale Bildbearbeitung, elektronische Datenverarbeitung und Konvertierung von Daten oder Dokumenten von physischen auf elektronische Medien, insbesondere die Herstellung und Bearbeitung von Filmen, die Überlassung von Filmteams und Technik, die Erbringung von Beratungsleistungen und der Handel mit medienbezogenen Verwertungsrechten sowie der Verleih und die Vermietung von Sportbooten“ angemeldete farbige Wort-/Bildmarke „Film & Fernsehproduktion bildpool GmbH“gegenüber.
Vom Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Hiergegen hatte die Widersprechende Beschwerde eingelegt.
Aus den Entscheidungsgründen
Die Beschwerde hatte in der Sache keinen Erfolg, da nach Auffassung des Bundespatentgerichts (BPatG) mangels Ähnlichkeit hinsichtlich der noch streitgegenständlichen Waren und Dienstleistungen keine Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht.
Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit
Die Waren „Filmapparate und -instrumente, Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild“ würden zu „Zeitungen“ keine Berührungspunkte aufweisen, die eine Warenähnlichkeit begründen könnten. Selbst wenn es zwischen Zeitungen und elektronischen Medien Verknüpfungen gebe, führe dies nicht dazu, dass Waren allein deshalb ähnlich seien, weil die Bilder oder Dokumente, deren Herstellung, Aufzeichnung oder Wiedergabe die Geräte dienen, auch in Zeitungen veröffentlicht werden können.
Gleiches gelte für die Dienstleistungen „Materialbearbeitung; digitale Bildbearbeitung, elektronische Datenverarbeitung und Konvertierung von Daten oder Dokumenten von physischen auf elektronische Medien, insbesondere die Herstellung und Bearbeitung von Filmen“, die zu Zeitungen nur insoweit eine Verbindung haben könnten, als zur Herstellung von Zeitungen diese Dienstleistungen in Anspruch genommen werden können. Solche im Rahmen eines Warenherstellungsprozesses erfolgenden Tätigkeiten rechtfertigen, auch wenn sie im geschäftlichen Verkehr als selbständige Dienstleistungen durch und für Dritte erbracht werden können, die Annahme einer Ähnlichkeit mit dem unter Markenschutz stehenden Endprodukt nur dann, wenn die beteiligten Verkehrskreise in entscheidungserheblichem Umfang davon ausgehen, dass Warenhersteller und Dienstleistungsunternehmen sich jeweils auch auf dem anderen Gebiet eigenständig gewerblich betätigten. Dafür würden hier keine konkreten Anhaltspunkte vorliegen. Zudem sei auch der generell zwischen Waren und Dienstleistungen bestehende Unterschied zu berücksichtigen. Die bloße Möglichkeit von Fehlvorstellungen über irgendwelche Zusammenhänge wirtschaftlicher oder organisatorischer Art reiche nicht aus. Wenn im Printmedienbereich Firmen teilweise auch einzelne Fernsehsendungen produzieren würden, so handele es sich insoweit bei den genannten Dienstleistungen der angegriffenen Marke allenfalls um unselbständige Dienstleistungen (Hilfsdienstleistungen) zur Produktion solcher Sendungen. Im Hinblick auf die hier maßgebliche Ware „Zeitungen“, für die allein die Widerspruchsmarke geschützt sei, ergeben sich daraus keine Berührungspunkte, welche die Annahme einer Ähnlichkeit rechtfertigen könnten.
Dementsprechend gebe es auch bezüglich der noch ferner stehenden Dienstleistung „Überlassung von Filmteams und Technik“, welche trotz der sehr ungenauen Formulierung wohl nicht zur mit „insbesondere“ eingeleiteten Aufzählung unter den Oberbegriff „elektronische Datenverarbeitung und Konvertierung von Daten oder Dokumenten von physischen auf elektronische Medien“ zu zählen sei, sondern offenbar einen eigenständigen Dienstleistungsbegriff darstellen solle, keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Annahme einer Ähnlichkeit mit Zeitungen.
Die Dienstleistungen „Erbringung von Beratungsleistungen und der Handel mit medienbezogenen Verwertungsrechten sowie der Verleih und die Vermietung von Sportbooten“ hätten als eigenständige Dienstleistungen keine Ähnlichkeit mit „Zeitungen“. Auch wenn in Zeitungen gelegentlich Ratschläge erteilt werden würden oder Zeitungen Verwertungsrechte innehaben können, so handele es sich dabei nicht um die selbständigen Dienstleistungen „Erbringung von Beratungsleistungen und der Handel mit medienbezogenen Verwertungsrechten“, sondern „Tipps“ stellen nur ein Thema dar, mit dem sich die Zeitungen inhaltlich befassen können bzw. es handelt sich bei dem „Handel mit medienbezogenen Verwertungsrechten“ um eine Tätigkeit, die die Zeitung für sich selbst und nicht für andere erbringt. Der Verleih und die Vermietung von Sportbooten mag etwa bei einem Preisausschreiben auch von einem Zeitungsverlag angeboten werden oder in einer Zeitung können entsprechende Anzeigen abgedruckt werden, jedoch seien diese nicht regelmäßig Erbringer der genannten Dienstleistung.
Resümee
Besteht zwischen den Waren- und/oder Dienstleistungen weder Identität noch Ähnlichkeit, besteht in der Regel selbst bei Identität der Marken im Ergebnis keine Verwechslungsgefahr.