Zur rechtserhaltenden Markennutzung bei Merchandising-Artikeln

Mit Urteil vom 12.05.2010 entschied der 5. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, dass bei Merchandising-Artikeln der Vertrieb einer kleineren Stückzahl – hier mehrere hundert Stück pro Jahr – ausreichend sei, um eine rechtserhaltende Markennutzung bejahen zu können (Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 12.05.2010, Az. 5 U 173/08 – Creme 21). In den Entscheidungsgründen heißt es diesbezüglich auszugsweise wie folgt:

bb) Die Marke „Creme 21 der Club“ ist in üblicher Weise im Sinne der o.g. Rechtsprechung als Marke verwendet worden. Bei T-Shirts und Pullovern stellt der Aufdruck eines Zeichens im Brustbereich nach ständiger Rechtsprechung des Senats eine typische markenmäßige Verwendung dar (…). Dies ist vorliegend jedenfalls bei zwei der von der Beklagten zur Akte gereichten T-Shirts der Fall ( bei dem dritten ist die Marke deutlich sichtbar auf dem Ärmel platziert ).
Was die Waren „Kopfbedeckungen und Mützen“ betrifft, ist die Marke „Creme 21 der Club“ bei den von der Beklagten zur Akte gereichten Mützen mittig vorne oberhalb des Schirms und damit ebenfalls an auffälliger Stelle angebracht. Dies stellt einen Anbringungsort dar, der für Marken bei Mützen gleichfalls üblich ist, wie die Mitglieder des Senats aus eigenem Wissen beurteilen können.
cc) Die Verwendung der Marke ist auch in wirtschaftlich sinnvoller Weise erfolgt, nämlich durch Verkauf in der Diskothek der Beklagten als sog. Merchandising-Ware.
Erstinstanzlich haben die Klägerinnen die von der Beklagten in ihrer Klagerwiderung behauptete, aber noch nicht näher substantiierte Benutzung der Marke für Schirmmützen und T-Shirts zunächst pauschal bestritten, (…). Daraufhin hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 23.10.2007 ( …) substantiiert und unter Beweisantritt vorgetragen, dass sie die Marke seit vielen Jahren für T-Shirts, Mützen und Umhängebänder verwende und jährlich mehrere hundert Stück vertreibe. Sie hat als Beispiel für die Verwendung einen Film von einer „Streetparade“ des Jahres 2004 und Fotos der T-Shirts eingereicht (…). Zu diesem Vortrag haben die Klägerinnen erklärt, dass die Einrede der teilweisen Nichtbenutzung aufrechterhalten bleibe, ohne näher anzugeben, ob und in welchen Punkten die substantiierten Angaben der Beklagten bestritten würden. Die Klägerinnen haben allerdings bezüglich der beispielhaft genannten Nutzung bei der Street-Parade eingewandt, aus der Anlage Bkl.7 ergebe sich nur, dass die T-Shirts und Caps an Tänzer und Mitarbeiter verteilt worden seien (…). Auch nachdem die Beklagte die Original-Kleidungsstücke zur Akte gereicht hat (…), haben die Klägerinnen den Vertrieb dieser Bekleidung durch die Beklagten als solchen nicht mehr bestritten, sondern die Auffassung vertreten, die Aufdrucke auf den T-Shirts und Mützen würden dekorativ und nicht herkunftshinweisend aufgefasst.
Nach allem durfte das Landgericht zu Recht davon ausgehen, dass jedenfalls der Vertrieb der Kleidungsstücke als solcher durch die Beklagte unstreitig, nämlich nicht ausreichend bestritten, war. Ein substantiiertes Bestreiten der Klägerinnen wäre vorliegend auch deshalb zu erwarten gewesen, weil die Geschäftsführerin der Klägerinnen die Räumlichkeiten der Beklagten im Jahre 2002 unstreitig selbst besucht und in 2004 an der Streetparade teilgenommen hatte.
Soweit in den Angriffen der Berufung ein erstmaliges Bestreiten des Vertriebs zu sehen sein sollte, wäre dies verspätet. Gründe für eine Zulassung im Sinne des § 531 Abs.2 ZPO sind nicht ersichtlich. Darüber hinaus hat die Beklagte ihren Vortrag in der Berufungsinstanz mit Fotografien von den in ihrer Diskothek aufgestellten Verkaufsvitrinen ergänzt, wonach die T-Shirts zum Stückpreis von € 10.- und die Mützen zum Stückpreis von € 9.- verkauft werden (…). Dem sind die Klägerinnen in ihrer Replik von 17.3.2010 nicht entgegen getreten, was jedoch nahe gelegen hätte, wenn dieser Vortrag unrichtig wäre, denn die Geschäftsführerin kennt die Räumlichkeiten der von der Beklagten betriebenen Diskothek. Der Senat wertet daher auch diesen Vortrag als unstreitig, so dass er in der Berufungsinstanz noch Berücksichtigung finden kann.
Der Verkauf der mit der Marke bedruckten T-Shirts und Mützen in der Diskothek der Beklagten stellt eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung der Marke im Sinne der Rechtsprechung dar. Dass der Verkauf als sog. Merchandising-Artikel zur Bewerbung der Diskothek erfolgt, steht einer wirtschaftlich sinnvollen Nutzung nicht entgegen. Diese Art der Markennutzung zur Bewerbung des Hauptprodukts des Markeninhabers ist weitgehend üblich geworden und als wirtschaftlich sinnvoll anzuerkennen. Hiervon zu trennen ist die Frage, ob der Verkehr die Nutzung der Marke bei Merchandising-Produkten auch als Herkunftshinweis für das mit der Marke versehene Produkt oder nur als Hinweis auf das Unternehmen auffasst (dazu sogleich unter Ziff.dd).
Bei Merchandising-Artikeln ist schließlich der Vertrieb einer kleineren Stückzahl – hier mehrere hundert Stück pro Jahr – ausreichend, um eine rechtserhaltende Markennutzung bejahen zu können (…).
dd) Vorliegend wird die Marke „Creme 21- der Club“ auf den T-Shirts und Mützen der Beklagten nicht nur als Hinweis auf die Diskothek, sondern auch als Hinweis auf die Herkunft der Produkte verstanden. Wie schon ausgeführt, ist es weitgehend üblich geworden, dass Wirtschaftsunternehmen neben ihren Hauptprodukten sog. Merchandising-Artikel vertreiben, die mit der für das Hauptprodukt geschützten Marke versehen werden. Zu den typischerweise hierzu zählenden Artikeln gehören T-Shirts und Mützen. Jedenfalls wenn es sich – wie hier – um Artikel mit eigenem Gebrauchswert handelt und der Verbraucher die Artikel käuflich erwerben muss, wird jedenfalls ein rechtlich erheblicher Anteil des Verkehrs die Anbringung der Marke nicht nur als reine Unternehmenswerbung auffassen, sondern auch als Herkunftshinweis auffassen. Dies können die Mitglieder des Senats als Teil der angesprochenen Verkehrskreise selbst beurteilen.
Der erkennende 5.Senat hatte bereits in der Sache „Jack Wolfskin“ über eine Markenverletzung durch die Anbringung der Marke auf Merchandising-Artikeln zu entscheiden. Die Zeitung taz hatte von ihr zu Werbezwecken vertriebene Kleidungsstücke und Mützen mit einem Tatzensymbol versehen, welches der zugunsten der Firma Jack Wolfskin geschützten Marke ähnlich war. Der Senat ist hier ohne weiteres von einer markenmäßigen Benutzung für Bekleidung ausgegangen (…). Der BGH hat die dagegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen (…).
Der 3.Senat des HansOLG hatte sich in seiner Entscheidung „eltern-online.de“ mit der rechtserhaltenden Benutzung der Marke „Eltern“ durch den Verlag, der die gleichnamige Zeitschrift herausgibt, u.a. für Schreibwaren und Textilwaren zu befassen (…). Diese Produkte wurden von der Markeninhaberin ebenfalls im Wege des Merchandising verkauft. Der 3.Senat hat eine markenmäßige und damit rechtserhaltende Benutzung bejaht und hierzu ausgeführt:
„Dagegen hat die Kl. hinsichtlich der übrigen Waren und Dienstleistungen eine hinreichende Benutzung dargelegt.
Im Hinblick auf das Produkt „Schreibwaren für gewerbliche Zwecke” hat die Kl. einen Kugelschreiber vorgelegt, der mit der angegriffenen Marke gekennzeichnet ist. Zwar lässt sich der Aufmachung des Stifts entnehmen, dass es sich um ein Produkt handelt, welches Werbung für die Zeitschrift „Eltern“ machen soll. Anders als die Werbepappe beschränkt sich die Funktion des Schreibers jedoch nicht auf ein bloßes Werbemedium, sondern beinhaltet für den Verkehr einen uneingeschränkten Gebrauchswert. Dementsprechend werden gerichtsbekannt auch andere Gebrauchsgegenstände wie Kaffeebecher, Stifte, Armbanduhren, Taschenrechner, kleine Taschenlampen usw. etwa mit dem Titel einer Zeitschrift bedruckt und wegen ihres Gebrauchswerts, der eine Anziehungskraft auf das Publikum ausübt, nicht nur als unentgeltliche Zugabe zu einem Abonnementvertrag, sondern auch im Wege des Merchandising verkauft. Jedenfalls stellt sich ein solches Gebrauchsobjekt als ein solches des Verlagsunternehmens dar (der „Eltern-Stift“ bzw. der „FAZ-Becher“) und nicht als ein bloßes Werbemittel, für das eine Werbeagentur oder ein Werbemittelhersteller verantwortlich zeichnet. So wird das Publikum auf der einen Seite Mängel des Gebrauchswerts, etwa eine Funktionsunfähigkeit des „Eltern-Stifts“, der Kl. anlasten, während es auf der anderen Seite ein positives Markenimage als Erhöhung des Werts des mit der Marke gekennzeichneten Gebrauchsobjekts empfinden wird. Anhaltspunkte für eine nicht ernsthafte Benutzung hat die Bekl. weder vorgetragen noch sind sie sonst ersichtlich. Die Kl. hat einen entsprechenden Stift vorgelegt. Nach der Lebenserfahrung werden derartige Produkte in Großserie hergestellt und auch in großem Umfang bei Abonnementaktionen oder sonstigen Verkaufskampagnen angeboten. Dafür, dass die Kl. vorliegend ein Einzelexemplar vorgelegt oder entsprechende Stifte nur vereinzelt verteilt haben könnte, hätte die grundsätzlich darlegungs- und beweisbelastete Bekl. jedenfalls Anknüpfungstatsachen vortragen müssen, die Anlass geboten hätten, von der Kl. die genaue Darlegung von Art und Umfang des Vertriebs zu verlangen.
Die vorstehenden Ausführungen gelten entsprechend im Hinblick auf „Textilwaren (für gewerbliche Zwecke und soweit in Klasse 24 enthalten)“. Auch insoweit hat die Kl. mehrere T-Shirts und Mützen vorgelegt. Dass der Auffassung der Bekl., der Verkehr entnehme den Produktverantwortlichen für Textilien regelmäßig dem Label am Kragen und nicht aus dem Aufdruck etwa auf dem T-Shirt selbst, nicht zu folgen ist, hat das LG unter Hinweis auf diverse Gegenbeispiele zutreffend ausgeführt.“ ( Unterstreichungen durch den Senat ).“
Diese Überlegungen gelten entsprechend für den vorliegenden Fall, insbesondere angesichts des Umstandes, dass die T-Shirts und Mützen nicht nur verschenkt, sondern verkauft und auch in Verkaufsvitrinen präsentiert werden. Damit wird dem Verkehr signalisiert, dass der Markeninhaber neben dem Werbeeffekt für die Diskothek auch eine Verantwortung für die Produkte als solche übernimmt. Darin liegt zugleich die Verwendung der Marke als Herkunftshinweis.
Die Entscheidung „Otto“ des Senats steht vorstehender Beurteilung nicht entgegen (…). Darin hatte der Senat eine rechtserhaltende Benutzung der verschiedenen „Otto“-Marken auf T-Shirts und Mützen verneint. Der Sachverhalt, der dieser Entscheidung zugrunde lag, war jedoch anders gelagert. Denn es ging um T-Shirts und Mützen, die nicht über den Versandkatalog, sondern nebenher zu Werbezwecken verwendet wurden, so dass der Verkehr Anlass hatte, bei denselben Produkten zwischen regulären Artikeln und Werbeartikeln zu unterscheiden. Der BGH hat diese Entscheidung mit seiner oben bereits zitierten Entscheidung „OTTO“ bestätigt (…)
ee) Nach den Grundsätzen der Rechtsprechung muss für die rechtserhaltende Benutzung nicht zwischen Hersteller- und Handelsmarken unterschieden werden. Insbesondere kann eine Handelsmarke neben einer Herstellermarke als Zweitkennzeichen auf einer Ware angebracht werden (…). Eine Ware kann folglich mit einem Herkunftshinweis hinsichtlich der Herstellung in einem bestimmten Unternehmen und einen zweiten Herkunftshinweis hinsichtlich des Vertriebs durch ein anderes Unternehmen versehen sein. Entgegen der Auffassung der Berufung wird die rechtserhaltende Benutzung der Marke „Creme 21 der Club“ für die in Rede stehenden Bekleidungsstücke also nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Mützen an ihrem inneren Rand das Zeichen „KC“ auf einem Stoffschildchen tragen und die T-Shirts die jeweils im Nacken angebrachten Zeichen „David Palmer“, „Esprit“ und „Screen Stars by fruit oft the loom“ . Gerade bei sog. Merchandising-Artikeln wird der Verkehr sogar damit rechnen, dass derartige Produkte von Drittunternehmen hergestellt werden (…).

Share