Eastgermany

Leisatz
  1. Die Wortmarke „Eastgermany“ ist betreffend Waren und Dienstleistungen der Klassen 25, 35 und 41 gemäß 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen und demzufolge nicht eintragungsfähig.
  2. Die Rückzahlung der Erinnerungsgebühr stellt gegenüber dem Grundsatz der vom Verfahrensausgang unabhängigen Gebührenpflichtigkeit eine Ausnahme dar und wird nur aus Billigkeitsgründen angeordnet, d. h. in Fällen, in denen es aufgrund der besonderen Umstände unbillig wäre, die Gebühr einzubehalten. Billigkeitsgründe können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern ergeben, wobei jedoch stets die erforderliche Kausalität zwischen dem jeweiligen Fehlverhalten und der Notwendigkeit der Einlegung des Rechtsbehelfs bestehen muss.

Aus dem Sachverhalt

Am 05.04.2006 ist die Wortmarke „Eastgermany“ für verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klassen 25, 35 und 41 angemeldet worden.

Mit formlos zur Post gegebenem Bescheid vom 08.05.2006 beanstandete die Markenstelle die Anmeldung nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG wegen absoluter Schutzunfähigkeit beanstandet. In einem Telefonat vom 06.07.2006, später auch in der Erinnerungsbegründung vom 12.07.2006, machte der Anmelder geltend, dass er den Beanstandungsbescheid zunächst nicht erhalten zu haben, wobei er laut dem Aktenvermerk der Markenstelle über den Inhalt des o. g. Telefonats um sofortigen Erlass einer Entscheidung gebeten habe. Hierauf hat die Markenstelle durch die Erstprüferin die Anmeldung mit Beschluss vom 06.07.2006 nach §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen und dabei zur Begründung auf den Inhalt des Beanstandungsbescheids vom 08.05.2006, dem der Anmelder sachlich nicht widersprochen habe, verwiesen.

In der Begründung seiner hiergegen eingelegten Erinnerung hat der Anmelder geltend gemacht, dass ihm der Beanstandungsbescheid nicht bekannt gewesen sei und er die Gründe für die Zurückweisung der Anmeldung erst aus dem Beschluss erfahren habe. Er sei von der Markenstelle auch nicht über alle rechtlichen Möglichkeiten und Konsequenzen informiert worden und habe eine ernsthafte Überprüfung nicht erkennen können. Daher beantrage er die Rückzahlung der Erinnerungsgebühr.

Im Laufe des Erinnerungsverfahrens ist dem Anmelder der Beanstandungsbescheid vom 08.05.2006 per Einschreiben zugestellt worden.

Mit Beschluss vom 21.08.2006 hat die Markenstelle die Erinnerung und zugleich den Antrag auf Rückzahlung der Erinnerungsgebühr zurückgewiesen. Hiergegen richtete sich die Beschwerde des Anmelders.

Aus den Entscheidungsgründen

Nach Auffassung des Bundespatentgerichts (BPatG) war die Beschwerde nicht begründet, da die angemeldete Marke jedenfalls nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen sei.

Freihaltebedürfnis

Die angemeldete Marke „Eastgermany“ würde von weiten Teilen der angesprochenen Verkehrskreise, von denen Grundkenntnisse der englischen Sprache erwartet werden können, ohne weiteres dem (üblicherweise mit zwei Worten geschriebenen) englischen Ausdruck „East Germany“ gleichgesetzt, und wie dieser als die direkte Übersetzung des geografischen Begriffs „Ostdeutschland“ verstanden. Mit „Ostdeutschland“ werde wiederum (je nachdem, ob es sich um einen historischen oder aktuellen Kontext handelt) die bis 1990 existierende Deutsche Demokratische Republik oder, in aktuellen Zusammenhängen, das Gebiet der ehemaligen DDR, also der heutigen fünf neuen Bundesländer, bezeichnet. Damit handele es sich bei der angemeldeten Bezeichnung um eine geografische Angabe, die in Bezug auf die hier beanspruchten Bekleidungswaren der Klasse 25, die werbebezogenen Dienstleistungen der Klasse 35 und die Veranstaltungs- und Veröffentlichungsdienstleistungen der Klasse 41 von den Mitkonkurrenten des Anmelders zur freien beschreibenden Verwendung über die geografische Herkunft oder Bestimmung ihrer Waren und den Ort bzw. das geografische Schwerpunktgebiet der Erbringung ihrer Dienstleistungen benötigt werde. Sie sei daher nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen.

Auch aus der Tatsache, dass dem Anmelder die entsprechende deutsche Domain „eastgermany.de“ zustehe, können markenrechtlich keine Ansprüche abgeleitet werden, da für das Markenrecht andere Grundsätze als für die Domainvergabe gelten würden. Ebenso wenig habe die Zurückweisung einer Markenanmeldung Einfluss auf die Berechtigung zur Führung einer Internet-Domain.

Erinnerungsgebühr

Die Beschwerde sei auch nicht begründet, soweit mit ihr die im Erinnerungsbeschluss ausgesprochene Zurückweisung des Antrags auf Rückzahlung der Erinnerungsgebühr angefochten worden ist.

Nach § 64 Abs. 5 MarkenG könne die Markenstelle anordnen, dass die Gebühr nach dem Patentkostengesetz für die Erinnerung ganz oder teilweise zurückgezahlt werde. Hierbei würden die gleichen Grundsätze gelten wie bei der Entscheidung über die Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach § 71 MarkenG, so dass auf die zu dieser und den entsprechenden Bestimmungen des Patentgesetzes ergangene Rechtsprechung zurückgegriffen werden könne. Danach stelle die Rückzahlung der Gebühr gegenüber dem Grundsatz der vom Verfahrensausgang unabhängigen Gebührenpflichtigkeit eine Ausnahme dar. Sie werde nur aus Billigkeitsgründen angeordnet, d. h. in Fällen, in denen es aufgrund der besonderen Umstände unbillig wäre, die Gebühr einzubehalten. Billigkeitsgründe können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern ergeben, wobei jedoch stets die erforderliche Kausalität zwischen dem jeweiligen Fehlverhalten und der Notwendigkeit der Einlegung des Rechtsbehelfs bestehen müsse.

Im vorliegenden Fall sei der Beschluss der Erstprüferin durchaus mit einem nicht unerheblichen Verfahrensfehler behaftet gewesen, denn er weise keine Begründung für das Vorliegen von Eintragungshindernissen auf. Nach dem (auch in ihrem Beschluss wiedergegeben) Inhalt ihres Vermerks über das Telefonat mit dem Anmelder vom 06.07.2006 sei die Erstprüferin vom Anmelder telefonisch darüber informiert worden, dass dieser den Beanstandungsbescheid vom 08.05.2006 nicht erhalten habe. Dann aber hätte die Erstprüferin in ihrem noch am gleichen Tag erlassenen Beschluss zur Begründung der Zurückweisungsentscheidung nicht pauschal auf den Inhalt dieses Bescheides und die darin angegebenen Gründe verweisen dürfen, denn sie musste nunmehr davon ausgehen, dass diese Gründe dem Anmelder gerade nicht bekannt waren. Zumindest hätte dem Beschluss eine Kopie des Beanstandungsbescheids beifügt werden müssen. Dies sei nach dem Inhalt der Akten offensichtlich nicht geschehen, sondern erst später im Erinnerungsverfahren nachgeholt worden. Damit hätte weder der Beschluss selbst noch eine seiner Anlagen auch nur ansatzweise eine Begründung enthalten, warum die Eintragungshindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 MarkenG vorliegen würden, so dass der Beschluss somit nicht dem Begründungserfordernis aus § 61 Abs. 1 MarkenG entsprochen hätte.

Allerdings läge die erforderliche Kausalität zwischen dem Verfahrensfehler und der Einlegung der Erinnerung nicht vor, denn die Beifügung einer Beschlussbegründung hätte den Anmelder offensichtlich nicht davon abgehalten, dennoch den Rechtsbehelf der Erinnerung einzulegen. Dies zeige schon sein späteres Verhalten. Mit Bescheid vom 04.08.2006 sei ihm der Beanstandungsbescheid übersandt worden, so dass er Gelegenheit hatte, die Aufrechterhaltung der Erinnerung zu überdenken. Daraufhin habe er sich mit der Eingabe vom 09.08.2006 geäußert und darin insbesondere mit seiner Bitte, ihm einen eventuellen Termin für eine Entscheidung zu nennen, erkennen lassen, dass er die Erinnerung aufrechterhalten wolle. Zudem habe er im Anschluss an den mit einer weiteren Begründung versehenen Erinnerungsbeschluss eine Beschwerde eingelegt, die u. a. auch auf inhaltliche Gründe gestützt und bis heute aufrechterhalten werde. Unter diesen Umständen sei davon auszugehen, dass der Anmelder die Erinnerung in jedem Fall auch dann eingelegt hätte, wenn der Beschluss der Erstprüferin mit Gründen versehen worden wäre. Somit fehle es an der Kausalität zwischen dem Verfahrenfehler und der Notwendigkeit der Entrichtung der Rechtsbehelfsgebühr.

Dies gelte im Ergebnis auch, soweit der Anmelder die Verletzung rechtlichen Gehörs rüge, da ihm der Beanstandungsbescheid vom 08.05.2006 und seine Anlagen zunächst nicht zugestellt worden seien. Denn jedenfalls mit Bescheid vom 04.08.2006 sei ihm der Bescheid zugestellt worden und er habe sich hierauf (inzwischen mehrfach) geäußert. Die Erinnerungsprüferin und (mit dem vorliegenden Beschluss) auch der Senat haben jedoch im Ergebnis keine andere Entscheidung getroffen als die Erstprüferin. Auch bei korrekter Sachbehandlung hätte also keine andere Entscheidung ergehen können, die die Einlegung der Erinnerung und damit die Entrichtung der Erinnerungsgebühr hätte entbehrlich machen können.

Resümee

Die Entscheidung zeigt, dass Wortmarken mit geografischen Angaben in der Regel das Eintragungshindernis des Freihaltebedürfnisses entgegensteht.

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